Kritik an Flüchtlingspakt mit der Türkei

Paris (dpa) - Wenige Tage vor dem EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise wächst der Widerstand gegen das geplante Abkommen mit der Türkei. Nach Wien wandte sich auch Paris dagegen, der Türkei im Gegenzug für die Rücknahme von illegal nach Griechenland übergesetzten Syrern weitreichende Konzessionen zu machen.

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„Es sollte keine Zugeständnisse bei Fragen der Menschenrechte oder der Kriterien für die Visa-Liberalisierung geben“, warnte der französische Präsident François Hollande am Samstag in Paris. Für den Pakt macht sich vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stark.

Auch die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner äußerte Bedenken gegen das geplante Flüchtlingsabkommen mit der Türkei. „Es ist richtig, mit der Türkei zusammenzuarbeiten, aber nicht um jeden Preis“, sagte sie der „Welt am Sonntag“. „Wir müssen uns als Europäer schon fragen, ob wir uns und unsere Werte noch ernst nehmen, wenn wir mit einem Land über eine Beschleunigung der Visafreiheit reden, das kurz davor regierungskritische Medien unter Zwangsaufsicht gestellt hat“, so Mikl-Leitner.

Sie sicherte dem Nicht-Schengen-Land Bulgarien Unterstützung zu. Zugleich lobte Mikl-Leitner das ärmste EU-Land für die Errichtung eines Zauns an den kritischsten Stellen der Grenze zur Türkei, um so den Migrationsdruck abzuwenden. Der Zaun wird zurzeit auf 160 Kilometer verlängert. Entlang der 270 Kilometer langen bulgarisch-türkischen Grenze sind neben Grenzsoldaten auch 2000 Polizisten stationiert. Die teilweise doppelreihigen und 3,5 Meter hohen Zäune sind mit Stacheldraht gesichert und werden zusätzlich per Video überwacht. Österreich will Bulgarien bei der Grenzsicherung mit Personal und Ausrüstung unterstützen.

Bulgarien forderte, auch seine Landesgrenzen in das geplante Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei einzubeziehen. „Bulgarien wäre nicht bereit, nur eine Teilverpflichtung der Türkei (nur für die Ägäis und die griechischen Inseln) zu akzeptieren“, warnte der bulgarische Regierungschef Boiko Borissow in einem Schreiben an EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Die EU setzt darauf, dass spätestens beim Gipfel am 17. und 18. März ein Abkommen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise mit der Türkei zustande kommt. Ankara fordert eine Beschleunigung der geplanten Visa-Erleichterungen und zusätzliche Hilfszahlungen. Im Grundsatz vereinbart ist, dass die EU künftig alle unerlaubt eingereisten Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurück in die Türkei schickt. Für jeden zurückgeschickten Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling legal aus der Türkei einreisen lassen.

In Griechenland, wo nach der Schließung der Balkanroute Zehntausende Migranten weiter darauf hoffen, Richtung Deutschland weiterzukommen, ist die Lage angespannt. Mit Flyern in den Sprachen Arabisch, Farsi und Paschtu will die griechische Regierung die Menschen im Elendscamp Idomeni dazu bewegen, andere Flüchtlingslager aufzusuchen.

„Die griechisch-mazedonische Grenze ist geschlossen. Griechenland bietet Ihnen Unterkunft, Versorgung mit Nahrungsmitteln und ärztliche Hilfe“, heißt es auf den Handzetteln, die am Samstag verteilt wurden. „Wir bitten um Ihre Zusammenarbeit mit den griechischen Behörden. Suchen Sie die entsprechenden Auffanglager auf.“ Athen will erreichen, dass die mehr als 12 000 Migranten die Grenzstadt Idomeni freiwillig verlassen und andere Auffanglager aufsuchen.

Bei einem neun Jahre alten syrischen Flüchtlingskind diagnostizierten Ärzte am Freitag die Infektionskrankheit Hepatitis A. Das Hepatitis-A-Virus kann eine akute Leberentzündung verursachen und wird vornehmlich durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen.

In den vergangenen drei Tagen haben dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zufolge fast 5000 Flüchtlinge die Überfahrt von der Türkei zu den nahen griechischen Inseln gewagt. Den Angaben nach halten sich auf den griechischen Inseln 8200 Flüchtlinge auf. Insgesamt sollen es in Griechenland derzeit mehr als 42 000 Migranten sein.

Die griechische Küstenwache berichtete, sie habe am Morgen 100 Menschen auf zwei Schlauchbooten vor der Insel Chios aufgenommen. Der deutsche Seenotretter „Minden“, der zwischen der Insel Lesbos und der türkischen Küste kreuzt, rettete am Samstag bei drei Einsätzen 165 Menschen aus dem Meer. Bald könnten auch türkische Beobachter auf den griechischen Inseln eingesetzt werden, kündigte Bürgerschutzminister Nikos Toskas im griechischen Fernsehsender Skai an.