Kundus-Bombardement: Kläger dürfen auf Entschädigung hoffen

Bonn (dpa) - Die Hinterbliebenen afghanischer Zivilopfer des Kundus-Bombardements dürfen auf Schadensersatz durch die Bundesrepublik hoffen. Ihre Klage ist zumindest nicht von vorneherein ohne Aussicht auf Erfolg.

Das Bonner Landgericht folgte zum Prozessauftakt nicht dem Antrag der Bundesrepublik, die Klage aus mehreren Gründen als unzulässig abzuweisen. Die Bundesrepublik ist nach Ansicht der Kläger und ihrer Anwälte als Dienstherr des damaligen Kommandeurs Georg Klein zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet.

Es sei positiv, dass das Gericht individuelle Ansprüche aufgrund von Verstößen gegen das Völkerrecht nicht ausgeschlossen habe, sagten die Klägeranwälte Karim Popal und Peter Derleder. Dem Bombenabwurf hätte auf jeden Fall ein Tiefflug der US-Kampfflugzeuge zur Warnung an Zivilisten vorangehen müssen. Der Kommandeur habe sich einer „grob fahrlässigen Amtspflichtverletzung“ schuldig gemacht.

Das Gericht will nun klären, ob bei dem Bombenabwurf vor dreieinhalb Jahren das humanitäre Völkerrecht verletzt wurde, wie es die Kläger darstellen. Ob es zu einer umfangreichen Beweisaufnahme mit Zeugen kommen wird, ist noch offen. Eine mögliche Vergleichslösung zeichnete sich noch nicht ab. Das Gericht will am 17. April verkünden wie es weiter vorgehen will.

In dem ersten Zivilverfahren verlangt ein Vater von zwei mutmaßlich bei der Bombardierung getöteten Söhnen von der Bundesrepublik 40 000 Euro. Eine Witwe und Mutter von sechs Kindern, die nach Angaben ihrer Anwälte ihren Vater und Ernährer verloren haben, will eine Entschädigung von 50 000 Euro. Beide Kläger waren nicht anwesend.

Inzwischen haben nach Angaben von Popal, der einen Großteil der Opferfamilien vertritt, insgesamt 79 Familien beim Bonner Landgericht ähnliche Klagen eingereicht. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden bereits 90 Mal je 5000 US-Dollar (3900 Euro) an betroffene afghanische Familien gezahlt - insgesamt sind das etwa 350 000 Euro.

Bei dem Luftangriff auf zwei Tanklastwagen nahe Kundus waren am 4. September 2009 zahlreiche Menschen getötet und verletzt worden. Die genaue Zahl ist strittig. Das Gericht will sich auch Klarheit verschaffen, ob es sich bei den Opfern und klagenden Angehörigen tatsächlich um Betroffene handelt.