Libyen: Rebellen unter Verdacht
Menschenrechtler sprechen von teilweise brutaler Kriegsführung.
Brüssel. Ahmed Dschibril hat einen guten Eindruck gemacht. „Ein geschickter Mann“, der „weiß, was von ihm erwartet wird“. Die EU- und Nato-Oberen, mit denen die Frontfigur der libyschen Widerstandsbewegung zusammentraf, waren voll des Lobes.
Eine heikle Frage wurde bei den Unterredungen im Nordatlantischen Rat, mit der EU-Kommission und den Außenpolitikern des EU-Parlaments aber nur gestreift — was kann Dschibril über die Anständigkeit der gesamten Bewegung sagen? Was ist vom bunten Haufen der Kämpfer zu halten, die der Chef des Nationalen Übergangsrates vertritt?
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte diese Woche den Rebellen brutales Vorgehen im Westen des Landes vorgeworfen: Plünderungen, Brandschatzung und Überfälle auf Krankenhäuser. In den Brüsseler Verlautbarungen war davon nicht die Rede.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso lobten stattdessen unisono die Vision des Übergangsrats für die Zukunft Libyens, die auf den Prinzipien von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten gründe.
Inoffiziell wissen die Verantwortlichen bei Nato und EU aber sehr gut, dass Dschibril gar nicht in der Lage ist, für sämtliche Gruppen des Widerstands die Hand ins Feuer zu legen.
Dass Verstöße nicht nur auf Seiten der Gaddafi-Getreuen vorkommen, ist wahrscheinlich. Dafür spricht die Erfahrung aus anderen Kriegen. In Afghanistan zum Beispiel steckte die vom Westen unterstützte Nordallianz Taliban in Container und ließ sie in der Wüste verdursten.
„Einzelne Vorfälle kann man nicht ausschließen“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Michael Gahler, der am Treffen mit Dschibril teilnahm. Aber von systematischer Gewalt gegen Zivilisten könne keine Rede sein. So sieht es auch die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner. „Das ist nicht von oben vorgegeben, sondern es passiert, weil sie nicht alles unter Kontrolle haben.“