Libysche Rebellen trotzen, Nato attackiert Konvoi

Tripolis/Istanbul (dpa) - Auch rund einen Monat nach Beginn der Nato-Operation ist die Zivilbevölkerung in Libyen nicht vor Übergriffen der Truppen des Machthabers Muammar al-Gaddafi sicher.

„Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht sehe, wie Gaddafis Truppen mit Gewalt gegen Männer, Frauen und Kinder vorgehen“, sagte der Kommandeur des Nato-Einsatzes, General Charles Bouchard, am Dienstag bei einer Zwischenbilanz in Neapel. Es gebe aber zunehmend Erfolge. Unterdessen setzten Gaddafis Truppen ihre Angriffe auf Rebellenstädte im Westen Libyens fort.

„Die Zahl der zivilen Opfer wäre weitaus höher, wenn die Nato nicht in Libyen wäre“, sagte Nato-Kommandeur Bouchard. Genaue Angaben zu Todesopfern könne das Bündnis allerdings nicht machen, da es keine eigenen Truppen am Boden habe. Er warf Gaddafis Truppen vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Vorwürfe, dass Raketenangriffe der Nato auf die Residenz Gaddafis in Tripolis dem libyschen Machthaber persönlich gegolten hätten, wies Bouchard zurück. Das Ziel des Einsatzes in Libyen sei nach wie vor der Schutz der Bevölkerung.

Kritik an der Bombardierung der Gaddafi-Residenz in der Nacht zum Montag kam vom russischen Regierungschef Wladimir Putin. Die westliche Koalition habe kein Mandat der Vereinten Nationen, Gaddafi gezielt zu töten, sagte er bei einem Besuch in Kopenhagen.

Unterdessen gelang es den Aufständischen nach eigenen Angaben, einen Angriff der Gaddafi-Truppen in der Stadt Nalut abzuwehren. Wie am Dienstag aus Kreisen der Rebellen verlautete, griff auch die Nato in die Kämpfe ein. So sei ein Konvoi der Gaddafi-Truppen, zu dem auch Söldner gehört hätten, auf dem Weg in die Stadt südwestlich von Tripolis attackiert worden. Anschließend seien mehrere verkohlte Leichen in den nahe gelegenen Militärstützpunkt Tidschi gebracht worden, hieß es. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira meldete, auch drei Aufständische seien bei Gefechten rund um Nalut getötet worden.

Die Rebellen meldeten am Dienstag weitere Raketenangriffe und vereinzelte Gefechte in den Vororten der westlichen Stadt Misrata, die seit zwei Monaten von den Gaddafi-Truppen belagert wird. Nach Berichten von Aufständischen griff die Nato auch dort die Truppen des Gaddafi-Regimes an.

Wie die staatliche libysche Nachrichtenagentur Jana berichtete, zerstörten Nato-Kriegsschiffe zudem ein wichtiges Telefonkabel, das mehrere Küstenstädte verbindet. Anschließend seien die Telefonverbindungen zwischen Sirte, Ras Lanuf und Al-Brega unterbrochen gewesen.

Auch in der libyschen Hauptstadt Tripolis verschlechtert sich die Versorgungslage zusehends. Ein Bewohner erklärteheute, Benzin und bestimmte Nahrungsmittel würden knapp. Die Lebensmittelpreise seien in den vergangenen Tagen stark gestiegen.