London fürchtet um sein Image

In einem Jahr finden die Olympischen Spiele in der Metropole statt. Wie sicher sind sie?

London. In der Rückschau wirkt das Symbol der Londoner Olympia-Bewerbung fast peinlich: Mit einem roten Doppeldecker-Bus, auf dem Menschen aller Ethnien fröhlich zusammen feiern, stellte sich die Stadt 2008 in Peking als nächster Gastgeber des Spektakels vor.

Ein Jahr vor Auftakt der Wettkämpfe ist in Stadionnähe nun nichts vom Miteinander der Kulturen zu spüren. Stattdessen gefährden die sozialen Unruhen das Prestige-Projekt und das Image der Metropole.

Nur Politiker diskutieren noch über eine Ausgangssperre. In den Nachbarvierteln des Londoner Olympia-Parks ist sie längst Realität: Wer seine Einkäufe nicht bis zum Mittag erledigt, hat das Nachsehen: Ab 14 Uhr lassen die meisten Händler in Hackney die Eisengitter und Rollladen an ihren Türen runter. Dann kehrt gespenstische Ruhe ein.

Nach Einbruch der Dunkelheit ist in diesen Tagen ohnehin kaum jemand unterwegs. Aus Furcht vor möglichen Brandbomben lassen viele Familien auch das Licht im Wohnzimmer aus, dem Raum, der in englischen Häusern stets zur der Straßenseite liegt.

Das Klima der Furcht im Norden und Osten der Metropole schreckt die Macher der Spiele derzeit allerdings noch nicht. „Wir sind sicher, dass die örtlichen Behörden sich weiter gut um die Sicherheit kümmern werden“, heißt es optimistisch vom Internationalen Olympischen Komitee.

Dabei ist die Überforderung der Polizei allerorts offensichtlich. In Dalston schließen sich türkische Geschäftsleute schon zu einer Bürgerwehr zusammen, weil sie nicht darauf vertrauen können, dass die Metropolitan Police sie rechtzeitig vor Randalierern schützt. Dalston liegt nur drei Kilometer entfernt vom Olympia-Stadion.

„Die Vorfälle spielen sich überwiegend außerhalb des Zentrums ab, weit weg von den Vierteln, in denen sich touristische Highlights befinden“, so der Tourismusverband Visit Britain. Sprecherin Andrea Hetzel verzeichnet weder dramatische Buchungseinbrüche noch Anrufe besorgter Deutscher.

Doch London Fields, Mare Street, Hackney Central, die Pembury Estates — also jene Gegenden, die jetzt durch soziale Unruhen Schlagzeilen schreiben, liegen alle fußläufig zum Olympia-Park.

„Die Aufstände sind ohne Zweifel sehr schlecht, sehr besorgniserregend für die Organisatoren“, sagt Meinungsforscher Tony Travers. „Die Behörden haben für alle klassisch-terroristischen Angriffe vorgesorgt, aber soziale Unruhen waren sicher nicht sehr weit oben auf ihrer Liste an Risikofaktoren.“

In 50 Wochen, zur Eröffnung der Spiele, haben die Jugendlichen Schulferien, das Wetter wird mild sein — zwei Faktoren, die nach Meinung von Konfliktforschern zur derzeitigen Eskalation beigetragen haben.