London: Sozialleistungen in EU müssen sinken

London (dpa) - Die Briten gelten in Brüssel als einer der größten Bremser in Sachen Reformen - zu Hause wird die Regierung in London jedoch nicht müde, nach Reformen in Brüssel zu rufen. Finanzminister George Osborne hat es wieder getan.

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Osborne rief die Europäische Union eindringlich dazu auf, das Reformtempo zu steigern. So müssten etwa die Ausgaben für Sozialleistungen in ganz Europa sinken, um die Wettbewerbsfähigkeit der Union gegenüber aufstrebenden Volkswirtschaften wie China und Indien zu erhöhen.

„Die Finanzkrise hat dramatisch die Verschiebungen der tektonischen Platten in der Weltwirtschaft beschleunigt“, sagte Osborne. Europa stehe für sieben Prozent der Weltbevölkerung, 25 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und 50 Prozent der weltweiten Sozialleistungen. „So kann es nicht weitergehen“, sagte Osborne.

Großbritannien will nach erklärtem Willen der Regierung von Premierminister David Cameron seine Beziehung zu Brüssel neu verhandeln und die Ergebnisse im Jahr 2017 dem britischen Volk in einem Referendum zur Abstimmung stellen.

Brüssel sieht die britische Haltung extrem skeptisch. Viele EU-Mitgliedsstaaten halten London vor, nach außen zwar Reformen zu fordern, bei den konkreten Verhandlungen dann aber als Bremser aufzutreten. So hatte Cameron etwa die britische Teilnahme am europäischen Fiskalpakt in einem spektakulären Auftritt verweigert.

Auch bei den von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf europäischer Bühne vorangetriebenen Reformverträgen, mit denen sich einzelne Staaten gegenüber der EU zu bindenden Maßnahmen etwa bei der Bildung oder im Sozialsystem verpflichten sollen, gilt Großbritannien als einer von mehreren Bremsern.

Osborne sieht dagegen für die Europäische Union nur zwei Alternativen: „Schrumpfen oder reformieren.“ Großbritannien könnte sich 2017 gezwungen sehen, die Union zu verlassen, wenn das Reformtempo nicht steige, sagte Osborne auf einer Veranstaltung zweier euroskeptischer Institute. Dazu gehöre auch, mehr für Länder zu tun, die nicht Teil der Gemeinschaftswährung sind. „Es ist im Interesse von niemanden, wenn Großbritannien vor die Frage gestellt würde, dem Euro beizutreten oder die EU zu verlassen“, sagte Osborne.