Massenmörder Breivik ist unzurechnungsfähig
Oslo (dpa) - Der norwegische Massenmörder Breivik hat seine Anschläge jahrelang geplant. Überraschend haben ihn Gerichtspsychiater vier Monate nach dem beispiellosen Verbrechen wegen „paranoider Schizophrenie“ für unzurechnungsfähig erklärt.
Wahrscheinlich kann Breivik nun nicht zu Haft verurteilt werden.
Zwei Rechtspsychiater stuften den Rechtsradikalen außerdem sowohl für den Tag der Ermordung von 77 Menschen am 22. Juli wie auch danach als „psychotisch“ ein. Das gab die Staatsanwaltschaft am Dienstag aus dem Gutachten in Oslo bekannt.
Wenn die Einstufung durch die Psychiater vom Gericht für das Verfahren ab kommenden April übernommen wird, kann der 32- Jährige nicht zu Haft verurteilt, sondern nur in eine geschlossene Psychiatrie eingewiesen werden.
Als Sprecher der landesweiten Hinterbliebenen-Gruppe sagte Trond Blattmann, dessen 17-jährigen Sohn Trojus Breivik auf der Insel Utøya getötet hatte: „Wir möchten vor allem Sicherheit, dass er wegen dieser Entscheidung der Gutachter nicht früher entlassen wird. Als direkt Betroffene wünschen wir nicht, dass er noch mehr Schaden in der Gesellschaft anrichten kann.“
Der zuständige Staatsanwalt Svein Holden gab an, dass Breivik nach Meinung der Psychiater komplett von „bizarren und größenwahnsinnigen ("grandiosen") Zwangsvorstellungen“ beherrscht sei. „Danach kann er nach eigener Auffassung entscheiden, wer leben darf und wer sterben muss“, berichtete Holden weiter aus dem 243 Seiten umfassenden Gutachten.
Holden sagte, die Rechtspsychiater hätten ihn als jemanden geschildert, „der sich für den perfektesten Ritter seit dem Zweiten Weltkrieg hält“. Breivik habe in den 13 Gesprächen von insgesamt 36 Stunden Dauer auch vermittelt, dass er sich für einen „zukünftigen Regenten“ halte. Er habe außerdem menschliche „Zuchtprojekte mit Norwegern in Reservaten“ angekündigt.
Breivik hatte sein Verbrechen jahrelang in allen Einzelheiten vorbereitet. Wegen der genau durchdachten Planung einschließlich der Begründung in einem 1500 Seiten langen „Manifest“ sowie der präzisen Erinnerung des Täters danach hatten Experten erwartet, dass die Gutachter den erklärten Islamhasser für zurechnungsfähig einstufen würden. Einer der beiden Psychiater, Torgeir Husby, sagte Journalisten kurz vor Bekanntgabe der gegenteiligen Einschätzung: „Es hat bei uns keine Zweifel gegeben.“
Die endgültige Entscheidung über die Zurechnungsfähigkeit oder Unzurechnungsfähigkeit Breiviks trifft das zuständige Gericht. Staatsanwältin Inga Bejer Engh sagte, das ab April 2012 geplante Gerichtsverfahren werde in etwa gleich ablaufen. „Der einzige Unterschied wird, dass wir den Täter bei Unzurechnungsfähigkeit nicht zu Haft verurteilen lassen können.“ Dies sei ein „allseits anerkanntes Rechtsprinzip in Norwegen seit dem Mittelalter“.