Nach der Pleite tanzt Argentinien wieder

Das Land konnte sich wieder aufrappeln. Doch der Preis war hoch. Eine Warnung in der Griechenland-Debatte?

Buenos Aires. Die Angst vor der Staatspleite Griechenlands beherrscht Politik und Finanzmärkte. Dass der Bankrott eines Landes zu einem Neuanfang werden kann, zeigte in jüngster Zeit das Beispiel Argentinien. Vor knapp zehn Jahren erklärte sich das südamerikanische Land zahlungsunfähig.

Heute wächst die Wirtschaft wieder im Eiltempo, im Staatshaushalt gibt es einen Überschuss. Die Bilanz scheint positiv.

Doch der Preis war hoch. Denn die Pleite verlief ungeordnet, löste blutige Unruhen im Land aus, Bankenchaos und bis heute dauernde Rechtsstreitigkeiten mit verärgerten Gläubigern. Viele räumten danach Fehler ein, auch die internationalen Organisationen. Deshalb wird Argentinien nicht nur als Erfolgsrezept, sondern auch als Warnung gesehen.

Die Auslandsschulden von damals umgerechnet 169 Milliarden Euro konnte das Land Ende 2001 nicht mehr bedienen, innerhalb von zwei Wochen lösten sich vier Staatschefs nacheinander im Amt ab, Arbeitslosigkeit und Proteste erreichten ein kritisches Niveau. Zu zwei Umschuldungen, 2005 und 2010, kam es danach.

Laut Wirtschaftsminister Amado Boudou einigte sich Argentinien mit 92,4 Prozent der privaten Gläubiger. Den Angaben zufolge büßten sie mehr als 30 Prozent ihrer Forderungen ein. Die Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) tilgte die argentinische Regierung unter Néstor Kirchner mit Devisenreserven.

Noch steht aber eine Einigung Argentiniens mit staatlichen Gläubigern im sogenannten Pariser Club aus. Dort sieht sich Argentinien mit Forderungen von 6,5 Milliarden Dollar konfrontiert.

Der IWF hatte versucht, die Pleite abzuwenden, indem er Argentinien 20 Milliarden Dollar zusagte, um die Wirtschaft inmitten einer längeren Rezession zu „panzern“ — verknüpft mit strengen Sparauflagen. Das hohe Haushaltsdefizit und eine steigende Kapitalflucht durchlöcherten diesen Schild jedoch schon bald.

Die Regierung in Buenos Aires fror im November 2001 die Bankkonten von Millionen Bürgern ein. Als die Situation gänzlich außer Kontrolle geriet, flüchtete der damalige Präsident Fernando de la Rúa am 20. Dezember 2001 per Hubschrauber aus dem Regierungsgebäude, nachdem er seinen Rücktritt eingereicht hatte.

Die finanzielle Isolierung, der Argentinien nach der Krise ausgesetzt wurde, dauert bis heute noch an. Die wenigen Auslandskredite, die der Staat aufnimmt, müssen mit Zinssätzen von mehr als zehn Prozent bezahlt werden. Bisher kann das Land dies stemmen, weil viele Devisen — durch den Soja-Exportboom nach China — die Reserven und den Binnenmarkt stärken.

Doch die Isolierung hat auch ihre guten Seiten, denn sie hält und hielt Argentinien fern von den desaströsen Folgen der internationalen Finanzkrise.

„Wir müssen heute nicht mehr jede Minute auf den Kurs der Bonds (Staatsanleihen) schauen, wie meine Vorgänger im Amt“, erklärte gelassen Finanzsekretär Hernán Lorenzino in einem Interview in der Wochenzeitung „Miradas al Sur“ vom vergangenen Sonntag.

Fast chinesische Wachstumsraten — 8,8 Prozent im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum —, eine flexible Währungspolitik und der Überschuss im Staatshaushalt garantieren trotz des noch beschränkten Zugangs zu den internationalen Finanzmärkten Argentinien eine stabile Konjunktur.