Schwierige Regierungsbildung Nach Parlamentswahl: Wirbel um Renzis Rücktrittsankündigung
Rom (dpa) - Der Ärger bei den italienischen Sozialdemokraten über ihren Parteichef Matteo Renzi droht die Regierungsbildung in Rom weiter zu erschweren.
Für Unmut sorgte nicht nur, dass Renzi nach der historischen Wahlschlappe der bisherigen Regierungspartei Partito Democratico (PD) nicht umgehend den Chefsessel räumte. Auch über eine mögliche Unterstützung der europakritischen Fünf-Sterne-Partei oder der rechten Lega für eine Regierungsbildung herrschte Uneinigkeit.
Da keine Partei die Mehrheit bekommen hat, könnte der PD nun eine entscheidende Rolle zukommen. Doch Renzi schloss am Dienstag eine Unterstützung entschieden aus. „In den kommenden Jahren muss die PD in der Opposition gegen die Extremisten sein. Die Fünf Sterne und die Rechten haben uns seit Jahren beleidigt und stehen unseren Werten entgegen.“ Wer mit den Sternen einen Pakt schließen wolle, möge sich am kommenden Montag bei einer Vorstandssitzung der Partei äußern.
Sturm liefen einige Parteikollegen vor allem gegen die „halbgare“ Rücktrittsankündigung Renzis. Denn so genau verstand niemand, ob der einstige Hoffnungsträger der italienischen Politik nun am Montag zurückgetreten ist oder nicht. Ich gehe, aber erst wenn eine neue Regierung gefunden ist, sagte Renzi in einer Videobotschaft. In Richtung der populistischen Wahlgewinner ergänzte er: „Macht Eure Regierung alleine, wenn Ihr dazu in der Lage seid.“
Die Fünf Sterne waren mit mehr als 32 Prozent stärkste Partei geworden. Stärkstes Bündnis wurde aber der Zusammenschluss der Lega und der konservativen Forza Italia von Silvio Berlusconi - wobei die Lega die meisten Stimmen bekam und daher ihr Chef Matteo Salvini Anspruch auf das Regierungsamt erhoben hat. Doch ohne Unterstützung können weder die Sterne noch Mitte-Rechts regieren. Die PD kam gerade mal auf rund 19 Prozent.
Sollten sich die Sterne und die Lega wider Erwarten nicht doch noch zusammentun, dann ist Renzis PD eigentlich die einzige Partei, die einem der Lager zu einer Regierung verhelfen könnte. „Die Partei liegt in Trümmern“, sagte Caroline Kanter von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom. „Aber man könnte sagen, sie könnte der lachende Dritte werden.“
In italienischen Medien wird ventiliert, dass Staatspräsident Sergio Mattarella ein Interesse daran hat, dass die PD die Fünf Sterne bei einer Regierungsbildung stützt und somit eine Regierung zustande kommt und eine Neuwahl verhindert wird.
Doch die Partei ist mit ihren internen Grabenkämpfen beschäftigt. „Renzi riskiert eine demokratische Katastrophe für Italien und die Explosion des PD“, sagte der PD-Politiker und Regionalpräsident von Apulien, Michele Emiliano, der Zeitung „Il Fatto Quotidiano“.
„Renzi sitzt in einem Bunker und hat die ganze Partei in Geiselhaft genommen“, schrieb der politische Analyst Mario Sechi und attestiert dem früheren Regierungschef „kindisches Verhalten“. Die ganze Lage sei ähnlich wie in Deutschland, wo sich die SPD erst zierte, eine neue große Koalition mit Kanzlerin Angela Merkel einzugehen, und dann doch nachgab. „Renzi erinnert an Martin Schulz“, so Sechi. Und ihm blühe auch das gleiche Ende.