Nigeria: Terror erschüttert Weihnachtsfeiern
Das zweite Jahr in Folge explodieren Bomben in christlichen Gemeinden in Nigeria.
Madalla. Die Explosion zerriss die Luft am frühen Morgen des ersten Weihnachtstags. Die Weihnachtsmesse in der katholischen Kirche St. Theresa in Madalla war soeben zu Ende gegangen. Die Gläubigen waren dabei, das Gotteshaus zu verlassen. Sekunden später ein Bild des Grauens: verstümmelte Leichen, brennende Autos, die Kirche und nahe Gebäude schwer beschädigt.
Ein Mann, der seine Schwester bei dem Anschlag verlor, schildert die Ereignisse so: „Als wir aus der Kirche kamen, ging ich noch einmal zurück, weil ich eine Weihnachtskarte vergessen hatte. Kurz darauf hörte ich einen Knall. Alles, was ich sah, war Rauch und Menschen, die schrien und herumliefen. Dann sah ich die Fetzen der Kleider meiner Schwester“, erzählt Ndubuisi Chukemeka. Die Polizei in Madalla vermutet, dass eine Autobombe explodierte. Ein verdächtiges Auto habe kurz vor der Explosion nahe der Kirche geparkt, berichteten Augenzeugen.
Die Helfer bargen mindestens 35 Tote. Eine fünfköpfige Familie wurde fast ausgelöscht. Eine Dreizehnjährige ist die einzige Überlebende ihrer Familie. Sie konnte an diesem Morgen nicht zur Messe gehen. Dutzende Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer. In St. Theresa waren den ganzen Tag über Messen geplant, von sechs Uhr morgens bis sieben Uhr abends.
Nach der Explosion liegt der erst vor wenigen Jahren neu gebaute Eingangsbereich in Schutt und Asche. Einige Polizisten bewachen den Ort der Zerstörung. Die Mitglieder der Kirchengemeinde stehen unter Schock. Viele von ihnen eilten in die Krankenhäuser, um ihren trauernden Mitgläubigen beizustehen.
Auch aus anderen Kirchen in der Hauptstadt flüchteten die Gläubigen aus Angst vor weiteren Anschlägen. Die radikal-islamische Sekte Boko Haram bekannte sich zu dem Anschlag. Die Behörden befürchten eine koordinierte Angriffswelle auf Christen, denn nur wenig später ereigneten sich Angriffe auf eine Kirche in der Unruheregion Jos in Zentral-Nigeria sowie zwei Kirchen im Nordosten. Dabei starben ebenfalls mindestens fünf Menschen. Die Gruppe, deren Name in einem örtlichen Dialekt „Westliche Bildung ist eine Sünde“ heißt, lehnt den westlichen Lebensstil ab und tyrannisiert die Bevölkerung.
Bereits 2010 gab es mehr als 80 Tote bei Angriffen auf Weihnachtsfeiern. Bei Bombenanschlägen in Abuja an Silvester 2010 starben 30 Menschen. Hunderte Menschen wurden auch in diesem Jahr Opfer religiös motivierter Gewalt in dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas mit 150 Millionen Einwohnern. Im Süden leben hauptsächlich Christen, im Norden Muslime.