Nordkorea feiert mit gewaltiger Militärparade
Seoul/Pjöngjang (dpa) - Mitten im Streit um seinen neuen Raketenstart hat Nordkorea mit einer Heerschau den 100. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il Sung gefeiert und militärische Stärke demonstriert.
Bei den pompös organisierten Feierlichkeiten am Sonntag stellte sich zudem der neue Machthaber Kim Jong Un überraschend erstmals der Welt als öffentlicher Redner vor.
In der vom Staatsfernsehen übertragenen Ansprache vor Zehntausenden jubelnder Soldaten und Zivilisten in Pjöngjang bekräftigte er, die „Militär-zuerst“-Politik seines im Dezember gestorbenen Vaters und Vorgängers Kim Jong Il fortsetzen zu wollen. Kim Jong Un ist der Enkel des 1994 gestorbenen Diktators Kim Il Sung, für den noch immer eine gottgleiche Verehrung zelebriert wird.
Zwei Tage nach dem Raketenabsturz zog besonders eine bei der Militärparade gezeigte neue Rakete des kommunistischen Landes die Aufmerksamkeit des Auslands auf sich. Nach ersten Einschätzungen von Militärs könnte der Flugkörper eine Reichweite von 6000 Kilometern haben und damit Alaska erreichen, berichtete die nationale südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. Südkorea und die USA versuchten herauszufinden, ob die Rakete bereits stationiert sei.
Der Raketenabsturz am Freitag gilt als Blamage für Nordkoreas neue Führung. In seiner etwa 20-minütigen Rede ging Kim Jong Un aber nicht darauf ein. Nach nordkoreanischen Angaben sollte ein Satellit ins All geschossen werden. Die Rakete war aber schon kurz nach dem Start in der Luft explodiert. Die USA, Südkorea und Japan sahen darin den verdeckten Test einer Interkontinentalrakete, die einen atomaren Sprengkopf tragen könnte.
Mit dem Start befasst sich auch der Weltsicherheitsrat. Die USA und Südkorea forderten eine strikte Reaktion. Das mächtigste UN-Gremium konnte sich jedoch zunächst nicht einigen. „Der Rat berät weiter über eine angemessene Reaktion“, sagte die Ratspräsidentin in diesem Monat, US-Botschafterin Susan Rice, am Freitag nach gut zweistündiger Beratung.
An der Seite ranghoher Militärs und Funktionäre nahm Kim Jong Un auf einer Tribüne die Parade auf dem Kim-Il-Sung-Platz in Pjöngjang ab. Rote Flaggen tragende Soldaten marschierten dabei im Stechschritt und unter Trommelschlägen vorbei. Auch fuhren Panzer und Raketenfahrzeuge auf. Tausende Menschen jubelten mit bunten Papier- oder Plastikblumen in den Händen. Das Spektakel am Sonntag war der Höhepunkt der schon seit vielen Tagen dauernden Feierlichkeiten.
Mit der Rede Kim Jong Uns sollte nach Meinung von Beobachtern vor allem Kontinuität demonstriert werden. Er erweise den „großen Genossen Kim Il Sung und Kim Jong Il die größte Ehre“, sagte der noch nicht 30-jährige neue Machthaber. Nordkorea müsse das Ziel weiter verfolgen, „einen mächtigen und wohlhabenden sozialistischen Staat aufzubauen“. Kim trug einen schwarzen „Mao“-Anzug und las in monotonem Ton von einem Blatt ab.
„Wir sollten die Volksarmee in jeder möglichen Form stärken“, sagte Kim, der wie sein Vater und Großvater die Ämter des Partei- und Armeechefs in dem verarmten, aber hochgerüsteten Land auf sich vereint. Die Ära, in der man mit Atomwaffen sein Land bedrohen oder erpressen konnte, sei für immer vorbei. „Die Überlegenheit in der militärischen Technologie ist kein Monopol der Imperialisten mehr“, sagte er. Die jahrzehntelange Spaltung der koreanischen Halbinsel sei „herzzerreißend“. Er grüße die Südkoreaner und alle, die sich für eine Wiedervereinigung und den Wohlstand der Völker einsetzten.
Auch am Sonntag suchte die südkoreanische Marine weiter nach Trümmerteilen der abgestürzten nordkoreanischen Rakete. Die Teile waren 100 bis 150 Kilometer vor der Westküste Südkoreas ins Gelbe Meer gestürzt. Südkorea werde von Schiffen der US-Marine unterstützt, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in Seoul. Bisher seien noch keine Teile gefunden worden. Die USA und Südkorea hoffen, dass die Analyse von Überresten näheren Aufschluss über den Stand der nordkoreanischen Raketentechnik gibt.
China rief unterdessen erneut alle Parteien zur Zurückhaltung auf. Am Telefon sprach Außenminister Yang Jiechi nach Angaben seines Ministeriums jeweils mit seiner US-Amtskollegin Hillary Clinton und dem südkoreanischen Außenminister Kim Sung Hwan über die sicherheitspolitische Situation in der Region. Alle Parteien müssten eine „realistische Bewertung vornehmen und Ruhe und Zurückhaltung üben, um die Spannungen auf der (koreanischen) Halbinsel zu verringern“, wurde Yang Jiechi zitiert.