Obama: Irak-Krise ist ein Notfall

Der US-Präsident hält sich alle Optionen gegen die Extremisten von Isis offen. Diese wollen bis Bagdad vordringen.

Obama: Irak-Krise ist ein Notfall
Foto: Reuters

Washington/Bagdad. Brennende Städte, blutige Kämpfe in den Straßen, Flüchtlinge in Zeltlagern — erschreckende Bilder schleudern den Irak zurück ins Bewusstsein des amerikanischen Volkes. Ein Land, das nach dem Abzug der US-Truppen vor bald drei Jahren weitgehend von der Nachrichten-Landkarte verschwunden war, ist schlagartig zurück im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Wo Tausende Landsleute zwischen 2003 und 2011 ihr Leben ließen, ist nun die Rede von einer „Invasion von Terroristen“, von einer regelrechten Machtübernahme. „Das alles passiert mit unglaublicher Geschwindigkeit“, erklärt ein TV-Moderator. Die Zuschauer reiben sich verwundert die Augen: Irak? Hatten wir dort nicht aufgeräumt?

Nicht nur die Öffentlichkeit scheint überrascht von dem heftigen Gewaltausbruch im Irak. Auch die Regierung in Washington wurde von dem rasanten Vorstoß der Terrorgruppe Isis „auf dem falschen Fuß erwischt“, wie das „Wall Street Journal“ titelte.

Spekuliert wird über den Einsatz von Drohnen gegen die Extremisten. US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Krise als Notfall. Das Land brauche zusätzliche Hilfe von den USA und er schließe bei Überlegungen über eine Reaktion keine Option aus, sagte Obama. Er wolle sicherstellen, dass die Extremisten gestoppt werden könnten, sagte der Präsident.

Kämpfer der Isis („Islamischer Staat im Irak und in Syrien“) rückten am Donnerstag bis auf 60 Kilometer an Bagdad heran, bevor ihr Vormarsch gestoppt werden konnte. Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen sind mittlerweile rund eine Million Iraker auf der Flucht. Viele versuchten das als stabil geltende kurdische Autonomiegebiet im Nordirak zu erreichen. Allein in Mossul waren binnen weniger Stunden 500 000 Menschen vor den Extremisten geflohen.

Im Internet verbreiten Anhänger von Isis die Parole, bis nach Bagdad vordringen zu wollen. Isis-Sprecher Abu Mohammed al-Adnani verkündete in einer Videobotschaft, es gebe dort eine Rechnung mit der schiitischen Regierung zu begleichen. „Gebt nicht einen Meter befreites Land zurück — außer mit euren toten Körpern.“ Isis will einen sunnitischen Gottesstaat errichten, der im Wesentlichen Syrien und den Irak umfasst.

Die Isis-Truppen waren seit Dienstag von der nordirakischen Stadt Mossul entlang des Flusses Tigris bis ins mittelirakische Tikrit rund 175 Kilometer nördlich von Bagdad vorgerückt. In Mossul errichtete Isis ein Kommandozentrum und veröffentlichte ein Kommuniqué mit neuen Gesetzen für die eroberte Stadt.

Der Konsum von Drogen, Alkohol und Zigaretten wurde unter Strafe gestellt, ebenso das sichtbare Tragen von Waffen. Auch Versammlungen sind verboten. Dieben soll die Hand abgehackt werden. Polizisten und Soldaten wurden aufgefordert, sich zu ergeben. Stammesführer wurden von Isis davor gewarnt, die irakische Regierung zu unterstützen.