OSZE-Gipfel eröffnet - Aufruf zur Reform
Astana (dpa) - Führende Staaten haben beim ersten Gipfel der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) seit elf Jahren eine Reform des Bündnisses gefordert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte am Mittwoch bei dem Treffen in der kasachischen Hauptstadt Astana, das Gremium aus 56 Ländern habe als Instrument der Konfliktlösung noch erhebliche Mängel.
Der russische Präsident Dmitri Medwedew sagte vor den Abschlussberatungen an diesem Donnerstag, die OSZE habe in den vergangenen Jahren an Potenzial und Ansehen verloren. „Arbeitsstil und Arbeitsweise müssen modernisiert werden.“ Menschenrechtler kritisierten erneut den Tagungsort: Das zentralasiatische Land Kasachstan erfülle nicht die OSZE-Grundregeln für Meinungsfreiheit.
„Es gibt noch eine Menge zu tun (...). Die Lösung von Regionalkonflikten muss jetzt gelingen“, forderte Merkel mit Blick auf das von der Republik Moldau abgespaltene und von Russland kontrollierte Gebiet Transnistrien. Merkel schlug vor, Gespräche zwischen den USA, Russland, der Ukraine, EU und der OSZE auf der einen Seite sowie Transnistrien und Moldau auf der anderen Seite in den OSZE-Aktionsplan aufzunehmen. Auch im blutigen Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die von Armenien kontrollierte Region Berg-Karabach müsse eine Lösung her, forderte die Kanzlerin.
Durch den Südkaukasuskrieg zwischen Russland und Georgien im August 2008 habe die OSZE eine „schwere Vertrauenskrise“ erlebt, räumte Merkel ein. Schritt für Schritt werde aber wieder Vertrauen aufgebaut. Dabei helfe Russlands Annäherung an die Nato.
Medwedew warf Georgien vor, in dem Konflikt gegen das OSZE-Prinzip der Gewaltlosigkeit verstoßen zu haben. Das sei „absolut unzulässig“. Auch der Kremlchef forderte eine Reform der OSZE. Es fehlten klare Regeln. Dem widersprach US-Außenministerin Hillary Clinton: „Es geht nicht um neue Rechte, sondern um das Einhalten bestehender Regeln.“
Clinton forderte die OSZE zu mehr Engagement in Afghanistan auf. „Die Instabilität in Afghanistan ist gefährlich für die ganze OSZE- Region.“ Die Welt stehe vor großen Herausforderungen, warnte sie.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warb für eine engere Zusammenarbeit der OSZE mit den Vereinten Nationen (UN). Künftig müssten Konflikte früher erkannt und Krisen besser bewältigt werden. Die OSZE stehe vor einer neuen Ära. Bei der Bewältigung des blutigen Umsturzes in Kasachstans Nachbarland Kirgistan hätten OSZE und UN im April bewiesen, dass sie gemeinsam arbeiten könnten, sagte Ban.
Eindringlich forderte Merkel in Astana die Einhaltung der Menschenrechte wie Demokratie, Meinungs- und Medienfreiheit in den OSZE-Staaten. Wie andere Staats- und Regierungschefs zuvor nannte Merkel kein Land beim Namen. Kasachstan, das in diesem Jahr als erste ehemalige Sowjetrepublik den OSZE-Vorsitz innehat, erfüllt Standards der Organisation etwa bei der Presse- und Versammlungsfreiheit nicht.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte Kasachstan wegen der politischen Lage dort scharf. Die massive Unterdrückung unabhängiger Meinungen im Land mache die Entscheidung für diesen Veranstaltungsort unbegreiflich, teilte die Medienrechtsorganisation in Wien mit.
Auch die Bundesregierung kritisiert Defizite, sieht den OSZE- Vorsitz für den Steppenstaat aber wie andere Länder als Chance zur Verbesserung der dortigen Lage. Die Tagung gilt für den autoritär regierenden kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew als Prestigeveranstaltung. Der bisher letzte OSZE-Gipfel fand 1999 in Istanbul statt. 2011 führt die Baltenrepublik Litauen den Vorsitz.