Papst fordert Einsatz für die Armen
Rom (dpa) - Der neue Papst Franziskus hat die Katholiken in aller Welt aufgerufen, sich stärker für die Armen einzusetzen. „Ich möchte eine arme Kirche und eine Kirche für die Armen“, sagte der 76-Jährige bei einem Empfang für Medienvertreter im Vatikan.
Deshalb habe er sich auch nach dem heiligen Franz von Assisi benannt. Zugleich betonte Jorge Mario Bergoglio, dass die Kirche nicht politischer Natur, sondern im Kern spirituell sei.
Über die personelle Besetzung der wichtigen Posten in der römischen Kurie, die durch die „Vatileaks“-Affäre um Verrat und andere Machenschaften ins Gerede gekommen war, will Franziskus erst später entscheiden. Der argentinische Papst wolle sich eine gewisse Zeit nehmen für Reflexion, Gebete und Gespräche, teilte der Vatikan mit.
Damit behält auch der frühere Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller vorerst sein Amt als Präfekt der mächtigen Glaubenskongregation. Italienische Zeitungen berichteten am Samstag, an der Seite des neuen Papstes sei auffällig oft der deutsche Präfekt des Päpstlichen Haushalts, Georg Gänswein, zu sehen.
An diesem Sonntag spricht das Kirchenoberhaupt sein erstes Angelus-Gebet. Dazu werden Zehntausende auf dem Petersplatz in Rom erwartet. Am Samstag nahmen Tausende Medienvertreter aus aller Welt an der Audienz teil und empfingen das Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken mit Applaus. „Ich danke Euch für alles, was ihr geleistet habt“, sagte Franziskus.
Bei strahlendem Sonnenschein herrschte Riesenandrang. Zeitweise warteten Journalisten in einer Hunderte Meter langen Schlange auf Einlass. Im italienischen Fernsehen war von 5000 Teilnehmern die Rede. Fragen von Journalisten waren bei dem Empfang nicht vorgesehen. Der Papst begrüßte einige Medienvertreter und segnete sie.
Weitere spektakuläre Ereignisse stehen bevor: Am Dienstag wird der Pontifex Maximus feierlich ins Amt eingeführt. Erste Staatsgäste reisten dafür bereits an. Insgesamt werden Delegationen aus rund 100 Ländern und Hunderttausende Pilger erwartet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel will nach Rom kommen.
Mit Spannung wird in Rom das historische Treffen des neuen und des emeritierten Papstes erwartet. Nächsten Samstag will Franziskus seinen Vorgänger Benedikt XVI. treffen, wie der Vatikan ankündigte. Bergoglio und Joseph Ratzinger kommen dazu in der Papstresidenz Castel Gandolfo bei Rom zusammen, wo auch ein gemeinsames Mittagessen geplant ist. Ratzinger hat sich nach seinem Rücktritt am 28. Februar dorthin zurückgezogen, später kehrt er in ein Kloster im Vatikan zurück.
Benedikt XVI. hatte angekündigt, die Unterlagen zum „Vatileaks“- Skandal um Machenschaften im Vatikan nur seinem Nachfolger zugänglich zu machen. Beobachter schlossen daraus, dass die Inhalte brisant sein dürften. In dem Skandal geht es Medienberichten zufolge angeblich um Korruption, Intrigen und sexuelle Ausschweifungen. Derzeit sollen sich die Geheimdokumente in Castel Gandolfo befinden.
Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann kritisierte indirekt den Umgang mit der Affäre unter Papst Benedikt. Auf die Frage, ob die Kardinäle im Konklave Aufklärung bekommen hätten - auch zu der Affäre -, sagte er dem Magazin „Focus“: „Teilweise, aber zu Vatileaks am wenigsten, weil Benedikt das Geheimdossier nur dem Nachfolger vorbehalten hat.“
Franziskus erinnerte noch einmal an die bewegendsten Momente während der Papstwahl. Als die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit erreicht gewesen sei, habe sein Freund, der brasilianische Kardinal Claudio Hummes, ihn umarmt und gesagt: „Vergiss die Armen nicht.“ In diesem Augenblick sei auch die Idee des Namens in ihm wach geworden: Franziskus, ein Mann der Demut und Einfachheit.
Nach Einschätzung von Lateinamerika-Historikern der Universität Münster gibt es derzeit keine schriftlichen Belege über eine Zusammenarbeit von Franziskus mit der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983). Weil Archive nicht zugänglich seien, könne jedoch keine klare Aussage über das Wirken Bergoglios als Chef der argentinischen Jesuiten getroffen werden, sagte die Jesuitenforscherin Antje Schnoor der Nachrichtenagentur dpa.
Medien hatten berichtet, Bergoglio habe sich in der Zeit der Militärjunta nicht hinreichend für zwei Jesuitenpater eingesetzt, die zeitweise inhaftiert und gefoltert wurden. Vatikansprecher Federico Lombardi widersprach: Bergoglio habe viel getan, um Menschen zu schützen. Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ liegt nach eigenen Angaben ein bisher unbekannter Brief von Franziskus aus dem Jahr 1976 vor, in dem er der Familie eines der betroffenen Jesuitenpater seine Unterstützung zusichert.