Li Keqiang ist neuer Ministerpräsident in China

Peking (dpa) - Mit dem Generationswechsel in Chinas Führung hat Li Keqiang die Regierung der zweitgrößten Wirtschaftsnation übernommen. Auf seiner Jahrestagung in Peking bestätigte der Volkskongress am Freitag die Ernennung des 57-Jährigen zum Nachfolger von Wen Jiabao.

Nach zehn Jahren im Amt zieht sich der 70-Jährige „Opa Wen“ aus Altersgründen zurück. Die knapp 3000 Delegierten werden am Samstag auch die Posten im neuen Kabinett von Li Keqiang absegnen, um den ersten Regierungswechsel seit zehn Jahren komplett zu machen.

Die ersten ausländischen Glückwünsche kamen aus Berlin. Kanzlerin Angela Merkel gratulierte Li Keqiang in einem Telefonat. Deutschland lege „großen Wert“ auf seine Beziehungen zu China und wolle die Kooperation ausbauen. Chinas Entwicklung sei „äußerst wichtig für Deutschland und die Welt“, sagte die Kanzlerin nach Angaben des Staatsfernsehens. Merkel dankte auch für Chinas Unterstützung in der Schuldenkrise. Der neue chinesische Premier versicherte ihr, die Zusammenarbeit mit Deutschland und Europa verstärken zu wollen.

Bei dem Votum in der Großen Halle des Volkes musste Li Keqiang nur drei Gegenstimmen und sechs Enthaltungen hinnehmen. Der erste chinesische Regierungschef mit einem Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften übernimmt die schwierige Aufgabe, die inzwischen langsamer wachsende Volkswirtschaft zu einem neuen Wachstumsmodell zu führen. Statt Export und Investitionen soll künftig heimischer Konsum die Wirtschaft tragen. Als neue Triebkraft setzt Li Keqiang auch auf die Urbanisierung des Milliardenvolkes.

Seine Ernennung bedeutet den Abschied von Wen Jiabao. Der 70-Jährige war als Mann des Volkes beliebt, wurde von Kritikern aber als „Chinas größter Schauspieler“ verspottet. Sein politisches Erbe wurde durch Enthüllungen überschattet, dass seine erweiterte Familie und ihr engeres Umfeld ein Vermögen von 2,1 Milliarden Euro angesammelt haben soll, wie die „New York Times“ im Oktober enthüllte. Die Familie bestreitet die Vorwürfe.

Die Verjüngung der Regierung auf der bis Sonntag dauernden Jahrestagung ist der Abschluss des seit Jahren vorbereiteten Generationswechsels in der Führung der Kommunistischen Partei. Am Donnerstag war der neue Partei- und Militärchef Xi Jinping (59) auch zum Präsidenten gemacht worden. Ein enger Führungszirkel hatte die Personalentscheidungen schon lange vorher vorbereitet, um sie vom Parlament nur noch nachträglich legitimieren zu lassen.

Neuer Außenminister soll der Japan- und Nordkorea-Kenner Wang Yi werden, wie die Nachrichtenagentur dpa in Peking aus chinesischen und diplomatischen Kreisen erfuhr. Der bisherige Außenminister Yang Jiechi soll demnach zum Staatsrat für Außenpolitik aufsteigen. Der Posten ist politisch bedeutsamer, da der Außenminister als „eine Art außenpolitischer Geschäftsführer“ fungiert, wie es ein europäischer Diplomat formulierte. „Die Außenpolitik wird ohnehin maßgeblich von Staats- und Parteichef Xi Jinping geführt.“

Der Volkskongress segnete auch die Ernennung des bisherigen Parteichefs von Hunan, Zhou Qiang, zum neuen Vorsitzenden des Obersten Gerichts und damit höchsten Richter ab. Der 52-jährige ist ein Schützling des bisherigen Staats- und Parteichefs Hu Jintao.