Papst geißelt Nabelschau im Vatikan
Rom (dpa) - Papst Franziskus hat eine Nabelschau des Heiligen Stuhls kritisiert und diese „Selbstbezogenheit“ im Vatikan als einen Defekt angeprangert.
Auch wenn die Kurie in Rom in ihrer Gesamtheit kein Fürstenhof sei, so gebe es in ihr bisweilen aber Höflinge, sagte Franziskus in einem Interview der römischen Zeitung „La Repubblica“. Seine Äußerungen erschienen an dem Tag, an dem sich die vom Papst eingesetzte Beratergruppe aus acht Kardinälen erstmals mit ihm traf, um über Reformen der Kurie zu sprechen. Diese seien „keine Höflinge, sondern weise Personen“, so Franziskus über seine Berater.
„Die Führer der Kirche waren oft narzisstisch, von Höflingen umschmeichelt und zum Üblen angestachelt. Der Hof ist die Lepra des Papsttums“, sagte Franziskus in dem langen Interview. Er teile eine auf den Vatikan und seine Interessen ausgerichtete Sicht nicht, so der Papst: „Ich werde alles tun, um sie zu ändern.“ Der Heilige Stuhl müsse im Dienst des Volkes Gottes stehen. Sein neues Beratergremium hob er dabei mit den Worten hervor, damit beginne „eine Kirche mit einer nicht nur vertikalen, sondern auch horizontalen Organisation.“
Franziskus forderte die katholische Kirche auch erneut auf, sich der Neuzeit zu öffnen. Die größten Übel heute sind für ihn die hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Einsamkeit vieler alter Menschen.
Begleitet von hohen Erwartungen wollen die Purpurträger, darunter als einziger Europäer der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, zunächst bis Donnerstag im Vatikan tagen. Sie sind vom Papst beauftragt, ihm persönlich Reformvorschläge für die Kurie und die Kirche vorzulegen. Weitere Zusammenkünfte der Beratergruppe in der nächsten Zeit sind geplant, Franziskus könnte dieses neue Gremium auch noch erweitern.
Dem Papst geht es um die Leitung seiner Weltkirche und um eine Revision der Struktur und Funktionsweise der Kurie. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi hatte erklärt, die Reform der Kurie sei ein Punkt, die Probleme der Führung der Weltkirche seien dem Papst jedoch auch sehr wichtig. Der Vatikan hatte darauf verwiesen, dass die Kardinäle feste Berater des Papstes seien und selbst nichts entscheiden. Über die Ergebnisse ihrer Beratungen solle auch nichts mitgeteilt werden.
Die Kardinäle, darunter nur ein Mitglied der Kurie, repräsentieren die verschiedenen Teile der Welt. Sie sind zur Diskretion aufgerufen, was die Inhalte ihrer Beratungen angeht. Eine schlankere Kurie und eine stärkere Vernetzung der vatikanischen „Regierungsarbeit“ dürften zu ihren Zielen gehören. Franziskus hatte bereits auch Kommissionen für wirtschaftliche und Verwaltungsfragen im Vatikan eingesetzt.