Regierungskrise in Italien: Berlusconis Minister gehen
Rom (dpa) - Italiens Regierung von Enrico Letta bricht zusammen. Die fünf Minister der Partei von Silvio Berlusconi treten alle zurück, ließ Vize-Regierungschef Angelino Alfano am Samstag mitteilen.
Die Bedingungen für einen Verbleib in der großen Koalition seien nicht mehr gegeben, erklärten die Minister, zu denen auch Alfano selbst gehört. Letta hatte von der Mitte-Rechts-Partei Berlusconis wegen starker Spannungen in der Koalition ein Bekenntnis zur Regierung verlangt und die Vertrauensfrage angekündigt.
Nach einem Rücktritt der Regierung könnte Staatschef Giorgio Napolitano erneut Letta oder einen anderen Politiker beauftragen, eine neue Regierungsmehrheit zu suchen. Er war bisher strikt dagegen, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen.
In der Koalition aus Berlusconis PdL-Partei (Volk der Freiheit) und der linken PD (Demokratische Partei) des Regierungschefs hatte es in den vergangenen Wochen erhebliche Spannungen gegeben. Dabei ging es vor allem um den drohenden Ausschluss des rechtskräftig verurteilten Berlusconi aus dem Senat. Darüber soll der zuständige Immunitätsausschuss der Kammer am kommenden Freitag entscheiden.
PD-Parteichef Guglielmo Epifani nannte die Ankündigung Alfanos, der zu den engsten Vertrauten Berlusconis gehört, den letzten Akt vor dem Kollaps. Letta hatte nach einer Krisensitzung am Freitag angekündigt, in der nächsten Woche die Vertrauensfrage im Parlament stellen zu wollen, um zu sehen, ob er noch eine stabile Mehrheit hinter sich hat. Er sagte zu der Ankündigung der PdL, die Partei Berlusconis solle sich im Parlament erklären, öffentlich und damit vor den Bürgern. Er steht in engem Kontakt mit dem Staatspräsidenten.
Im aufgeheizten Streit um die politische Zukunft Berlusconis hatte Letta die Vertrauensfrage für Dienstag oder Mittwoch angekündigt. Er will dabei auch wissen, ob er auch nach der Rücktrittsdrohung von Berlusconi-Abgeordneten Rückhalt für seine Politik im Parlament hat.
PdL-Parlamentarier hatten mit einem „Massenrücktritt“ gedroht, sollte der rechtskräftig wegen Steuerbetrugs verurteilte Berlusconi bei einer Senatssitzung am 4. Oktober aus der Kammer ausgeschlossen werden. Letta begann daraufhin Krisengespräche mit Napolitano.
Der Staatschef hatte Berlusconis Partei zuvor scharf kritisiert. Sie sollte nicht die Funktionsfähigkeit des Parlaments aufs Spiel setzen, sagte Napolitano. Es sei absurd, dass Berlusconi ein Gerichtsurteil gegen sich als einen „Staatsstreich“ bezeichne. Erst wenn alle fünf PdL-Minister die Regierung aus Protest verließen, breche eine Regierungskrise aus, hatten italienische Verfassungsexperten zuvor festgehalten. Das Parlament funktioniere weiter, solange nicht die Mehrheit seiner Mitglieder zurücktrete.