Paraguays Präsident vom Parlament abgesetzt
Asunción (dpa) - Der Präsident von Paraguay, Fernando Lugo, ist vom Parlament des Amtes enthoben worden. Der Senat in Asunción stimmte am Freitag mit 39 zu 4 Stimmen dafür.
Der Staatschef wurde unter anderem für den Tod von 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Landbesetzern und Polizisten politisch verantwortlich gemacht. Wenige Stunden später wurde Lugos Stellvertreter Federico Franco als neuer Staatschef vereidigt.
Die Verteidiger Lugos beanstandeten vor dem Senat, dem Präsidenten sei keine Zeit zur rechtmäßigen Vorbereitung seiner Verteidigung gewährt worden. Die Abgeordnetenkammer hatte am Donnerstag die Amtsenthebungsklage beim Senat eingereicht. Dem Staatschef wurden nur zwei Stunden für das Vortragen seiner Argumente zugestanden. Lugo blieb der Sitzung fern und schickte drei Anwälte.
Lugo erklärte am Freitagabend (Ortszeit), der Urteilsspruch stelle eine tiefe Wunde für die Demokratie dar. Er akzeptiere jedoch die Entscheidung des Parlaments, obwohl sein Verteidigungsrecht nicht beachtet worden sei. Eine Klage Lugos beim Obersten Gerichtshof gegen das Amtsenthebungsverfahren blieb bis zum Urteilsspruch des Senats erfolglos. Vor dem Parlamentsgebäude kam es nach der Absetzung zu Zusammenstößen der Polizei mit Demonstranten, die Lugo unterstützten. Dabei setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas ein.
Vizepräsident Federico Franco wurde noch am Freitagabend vor dem Parlament als neuer Staatschef vereidigt. Franco gehört der „Liberal-radikal authentischen Partei“ (PLRA) an, die sich kurz nach dem Wahlsieg Lugos von der bunten Mitte-Links-Koalition des parteilosen Präsidenten weitgehend distanzierte. Der neue Präsident soll das Amt bis zu den Wahlen im April 2013 ausüben. Franco rief bei seiner Amtsübernahme zur nationalen Einheit aller Parteien auf und kündigte eine aktivere Förderung einer nachhaltigen Agrarpolitik an.
In Paraguay gibt es zahlreiche Konflikte um den Besitz von Agrarland. Vor einer Woche hatten rund 100 Bauern zu den Waffen gegriffen, als die Polizei sie von einem seit drei Wochen besetzten Landgut vertreiben wollte. Bei den Auseinandersetzungen starben sechs Polizisten und mindestens elf Landarbeiter. Die Vorfälle lösten das Amtsenthebungsverfahren gegen den ehemaligen Bischof Lugo aus.
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatten noch vor dem Urteil das Amtsenthebungsverfahren als „etwas übereilt“ kritisiert. Die Außenminister der Südamerikanischen Staaten-Union (UNASUR) erklärten kurz vor dem Urteilsspruch in Asunción, der Vorgang im Parlament stelle eine Bedrohung der demokratischen Ordnung dar. Ecuadors Präsident Rafael Correa erklärte in Quito, er werde die neue Führung Paraguays nicht anerkennen.