Streit am Zuckerhut: Was bringt Rio+20?

Rio de Janeiro (dpa) - Beim UN-Gipfel Rio+20 ist schon vor Abschluss erbittert über die Bewertung der Ergebnisse gestritten worden. Umweltverbände und linke Staatschefs halten den Gipfel für gescheitert und das Konzept der Grünen Ökonomie für verfehlt.

Gastgeber Brasilien und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sehen dagegen eine Basis gelegt, auf der in den kommenden Jahren aufgebaut werden kann. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) muss sich Kritik gefallen lassen, dass er nicht stärker für bessere Resultate gekämpft hat.

„Keine Ziele, keine verbindlichen Fristen, keine Visionen“, lautete die Zwischenbilanz, die Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, WWF und Oxfam gemeinsam mit Blick auf die geplante Deklaration formulierten. Einer der Hauptkritikpunkte: Die Staaten gäben über 600 Milliarden Dollar Subventionen für fossile Brennstoffe jährlich aus und in Rio gebe es kein Geld für nachhaltige Entwicklung. „Das ist eine neue Definition von Heuchelei“, urteilte der politische Direktor von Greenpeace, Daniel Mittler, für den der Gipfel „kurz vor einem Desaster“ steht.

UN-Generalsekretär Ban sieht in Rio+20 dagegen den Anfang des Weges „für eine nachhaltigere und bessere Zukunft für uns und nachfolgende Generationen“. Er sei zuversichtlich, dass das rund 50-seitige Abschlussdokument mit dem Titel „Die Zukunft, die wir wollen“ ein festes Fundament sei, um bei der nachhaltigen Entwicklung voranzukommen. An dem Gipfel nehmen über 100 Staats- und Regierungschefs teil. Sie wollen den Text am Freitag verabschieden.

Altmaier hält den Kompromiss für eine „tragfähige Grundlage“, obwohl er sich in einigen Punkten - wie der Aufwertung des UN-Programms UNEP zu einer vollwertigen UN-Agentur oder dem Meeresschutz - mehr gewünscht hätte. Aber die Erklärung sei „alles andere als armselig“, sagte er dem rbb-Inforadio. Dank des Einsatzes der Europäer und Deutschlands sei es möglich gewesen, die Papiere, die allesamt nicht sehr ehrgeizig gewesen seien, noch einmal wesentlich zu verbessern.

Boliviens linker Präsident Evo Morales erteilte dem Konzept einer „Green Economy“ eine klare Absage. „Es geht um eine Kolonalisierung der Natur, die die natürlichen Ressourcen kommerzialisiert“, kritisierte der Bolivianer. Die kapitalistischen Regierungen nutzten in Rio die Umweltthemen, um ihre Vorherrschaft auszubauen. Die Entwicklungsländer forderten in Rio die Einrichtung von Milliarden- Fonds für nachhaltige Entwicklung. Die Industrieländer hatten dies auch angesichts der Wirtschaftskrise geblockt.

Harsche Kritik übte der in Rio anwesende umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Matthias Miersch. „Das derzeit verhandelte Abschlussdokument der Konferenz ist nicht das Papier wert, auf dem es stehen wird“, erklärte er. Die Welt dürfe nicht mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner zufrieden sein. „Aktuell tun die deutschen Minister vor Ort leider zu wenig dafür, dass eine progressive Erklärung doch noch zustande kommt.“ Auch Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) ist in Rio.

In der Deklaration wollen sich Gipfelteilnehmer unter anderem zu einer grundsätzlichen Stärkung des UN-Umweltprogramms (UNEP) bekennen, die Entwicklung von Nachhaltigkeitszielen bis 2015 auf den Weg bringen und Impulse für ein ressourcenschonenderes Wirtschaftsmodell geben. Klare Ziel- und Zeitvorgaben sind in dem entscheidenden Text aber Mangelware.