Ringen um Waffenruhe in Libyen - Wieder Tote in Syrien

Tripolis/Kairo/Berlin (dpa) - Die internationale Gemeinschaft verstärkt in Libyen ihre Bemühungen um eine Waffenruhe. Eine hochrangige Vermittlergruppe der Afrikanischen Union (AU) traf am Sonntagabend zu Verhandlungen mit der Staatsführung in Tripolis ein.

Die Delegation forderte die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte: „Für diesen Konflikt gibt es keine militärische Lösung.“ Auch in Syrien geht das Blutvergießen weiter. Ägyptens gestürzter Präsident Husni muss sich wegen massiven Korruptionsvorwürfen vor der Justiz verantworten.

Die Präsidenten Südafrikas, der Demokratischen Republik Kongo, Malis, Mauretaniens und Ugandas wollen am Montag auch die Aufständischen in Bengasi besuchen. Die Waffenruhe sollte eine „Übergangsperiode“ für politische Reformen einleiten, hieß es in der Erklärung der Präsidenten-Delegation unter Führung des Südafrikaners Jacob Zuma.

Ihre Vorschläge wollte die Abordnung auch in direkten Gesprächen mit dem libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi darlegen. Am Montag will sie mit Vertretern des Übergangsrates, der provisorischen Regierung der Regimegegner, sprechen. Die panafrikanische Organisation hat sich wiederholt für eine Verhandlungslösung in Libyen stark gemacht. Sie fordert aber nicht einen Machtverzicht Gaddafis.

Im Osten Libyens dauerten am Wochenende die Kämpfe um die strategisch wichtige Stadt Adschdabija an. Heftig umkämpft blieb auch Misurata, die drittgrößte Stadt des Landes. Im Hafen legte ein Schiff des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz mit medizinischen Hilfsmitteln an, wie eine Sprecherin in Genf und das Verteidigungskomitee in der Stadt bestätigten. Die belagerte Stadt ist seit Wochen von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten.

Die EU bereitet sich auf humanitäre Einsätze vor, um der notleidenden Zivilbevölkerung zu helfen. Daran soll sich auch die Bundeswehr beteiligen. Für eine solche Mission zeichnet sich eine breite Mehrheit im Bundestag ab. Die SPD befürchtet allerdings, dass humanitäre Einsätze nicht ohne Soldaten am Boden abgesichert werden können. Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“, in diesem Fall wäre es „bloß noch ein kleiner Schritt, bis man tatsächlich in Kampfhandlungen verwickelt ist“.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon „die Bereitschaft der EU zum Handeln“. Voraussetzung ist eine entsprechende Bitte des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). Im Gespräch ist unter anderem ein Hilfseinsatz für die Menschen in Misurata.

Kampfflugzeuge der Nato zerstörten am Sonntag 25 Panzer in der Nähe von Misurata und Adschabija. Dies teilte der Kommandeur der internationalen Truppen in Libyen, der kanadische General Charles Bouchard, in seinem Hauptquartier in Neapel mit. Die Flugzeuge hätten auch Munitionslager bombardiert. Bereits am Samstag hatte Bouchard die Zerstörung von und Munitionslagern östlich von Tripolis gemeldet.

Der gestürzte ägyptische Präsident Mubarak muss sich wegen massiven Korruptionsvorwürfen vor der Justiz verantworten. Die Staatsanwaltschaft will klären, ob die Mubarak-Familie öffentliche Gelder veruntreut hat, um die tödlichen Angriffe von Schlägertrupps auf die Protestbewegung zu finanzieren. Das teilten die Behörden am Sonntag mit. Kurz zuvor hatte sich der unter Hausarrest stehende Mubarak erstmals seit seinem Sturz vor zwei Monaten an die Öffentlichkeit gewandt. In einer Mitteilung bestritt er, Vermögen im Ausland zu besitzen.

Bei neuen Protesten in Syrien wurden am Sonntag drei Demonstranten getötet. Sicherheitskräfte in Zivil hätten in Banijas, 35 Kilometer nördlich von Tartus, auf die Menschenmenge geschossen, die sich vor einer Moschee versammelt hatte, berichteten Aktivisten aus dem Ort unter Berufung auf Krankenhausärzte. Zwei weitere Demonstranten wurden verletzt. Im Süden Syriens feuerten Sicherheitskräfte am Samstag bei Begräbnissen für am Vortag getötete Demonstranten in der Stadt Daraa erneut Schüsse ab. Über den Vorfall berichteten syrische Aktivisten am Telefon. Am Freitag hatten Sicherheitskräfte und Heckenschützen in Zivil in Daraa 22 Menschen getötet.

Im Jemen sind am Samstagabend mindestens 300 Menschen bei Übergriffen von Polizisten auf Demonstranten verletzt worden. Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur dpa, 10 Menschen seien von Kugeln getroffen worden. Die Sicherheitskräfte seien in der Hauptstadt Sanaa gegen Regimegegner mit scharfer Munition, Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken vorgegangen.

Erneut hatten sich Zehntausende Demonstranten aus Protest gegen die Erschießung von Regimegegnern an Kundgebungen der Opposition beteiligt. In Sanaa und weiteren Städten des arabischen Landes forderten die Regierungsgegner den Rücktritt des seit über 30 Jahren regierenden Präsidenten Ali Abdullah Salih.