Die Lage im Überblick Selenskyj droht nach Festnahmen den Verrätern in der Ukraine
Kiew · In der Ukraine werfen die Sicherheitsdienste zahlreichen Verdächtigen eine Kollaboration mit dem Kriegsgegner Russland vor. Präsident Selenskyj kommentiert das - und die jüngsten Luftschläge Moskaus.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Verrätern im eigenen Land für ihre Unterstützung des Kriegsgegners Russland Konsequenzen angedroht. „Wir gehen gegen Verräter und alle Arten von Machenschaften vor, die unseren Staat und unsere ukrainische Gesellschaft schwächen“, sagte er in seiner in Kiew verbreiteten Videobotschaft. „Und jeder, der den Weg gegen die Ukraine, gegen das Recht in der Ukraine einschlägt, muss daran denken, dass es eine Antwort geben wird.“
Zugleich lobte Selenskyj die Arbeit der ukrainischen Strafverfolgungsbehörden, darunter Geheimdienste, Ermittlungsstellen und Staatsanwaltschaft als „sehr gut“. Der Präsident nannte selbst keine Details. Allerdings hatten der Geheimdienst SBU und die Generalstaatsanwaltschaft tagsüber ungewöhnlich viele, nicht überprüfbare Mitteilungen herausgegeben über gefasste mutmaßliche Kollaborateure und Agenten Russlands.
Sicherheitsbehörden melden mehrere Festnahmen
Der SBU etwa meldete die Festnahme eines Abteilungsleiters einer staatlichen Bank. Der Bankmanager soll an der Finanzierung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beteiligt gewesen sein. Die Behörden veröffentlichten auch Fotos von dem Festgenommen und von einem russischen Pass, den der Verdächtige genutzt haben soll. Der Mann soll den russischen Besatzungstruppen Geld überwiesen haben. Zudem gab es laut SBU in einem anderen Fall eine Razzia bei dem oppositionsnahen Fernsehmoderator Max Nasarow, der den russischen Angriffskrieg gerechtfertigt haben soll.
In einer anderen Mitteilung war die Rede von einem aufgedeckten Spionagenetzwerk des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB. Aufgabe der Gruppe sei es gewesen, Informationen über die Stützpunkte und die Transportwege der ukrainischen Truppen und Militärgüter an die Russen zu übermitteln, damit sie ihre Raketen und Drohnen auf die Stellungen lenken können. Die Gruppe sei in der Hauptstadt Kiew und in Charkiw im Osten der Ukraine aktiv gewesen. Unabhängig überprüfbar war auch das nicht.
Im Gebiet Dnipropetrowsk schließlich will der Geheimdienst eine Firma enttarnt haben, die Russland beim Bau eines Labors für die Entwicklung von Atomwaffen geholfen haben soll. Verdächtiger in dem Fall sei der Besitzer einer ukrainischen Baustofffirma, hieß es. Russland, das eine Atommacht ist und über eine Vielzahl am Nuklearwaffen verfügt, wirft wiederum der Ukraine vor, nach solchen Massenvernichtungswaffen zu streben.
Gerichte in der Ukraine sprechen immer wieder Urteile mit langen Haftstrafen gegen Menschen, die Russland bei seinem Krieg gegen das Land helfen.
Selenskyj: Arbeiten an besserer Flugabwehr
Nach den neuen verheerenden Angriffen mit russischen ballistischen Raketen sagte Selenskyj, dass die Ukraine für einen besseren Schutz ihrer Städte daran arbeite, mehr Flugabwehrsysteme zu bekommen. In Kiew starben im Zentrum der Hauptstadt am Samstag mindestens drei Menschen, als dort im Zuge eines russischen Luftschlages Gebäude beschädigt wurden. Behörden sprachen von herabgefallenen Trümmern einer abgeschossenen Rakete.
In der südukrainischen Stadt Saporischschja kam es ebenfalls zu Verwüstungen nach einem russischen Raketenangriff. Laut Behörden wurde unter den Trümmern an einem Gebäude ein Toter geborgen. Elf Menschen wurden demnach verletzt. Schwere Schäden gab es auch an einer Kathedrale.
Die Ukraine arbeite an modernen Systemen, die solche Luftschläge mit ballistischen Raketen abwehren können, sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft. Die ukrainische Flugabwehr hatte berichtet, zwei von vier Raketen vernichtet zu haben. Der Luftalarm setzte nach Berichten von Augenzeugen erst ein, als es bereits zu Explosionen kam.
Selenskyj erklärte auch, dass die Ukraine daran arbeite, die Abschusssysteme auf russischem Gebiet für solche ballistischen Raketen zu zerstören. Das Land entwickelt dafür nicht zuletzt eigene Raketen mit größerer Reichweite.
„Unsere Langstreckenfähigkeiten sind eines der wichtigsten Instrumente zum Schutz von Menschenleben“, sagte Selenskyj. Schon jetzt sei jede Nacht sichtbar, dass die Ukraine mit ihren Raketen und Drohnen russische Militärziele treffe und so den Krieg in das Nachbarland zurücktrage. Immer wieder setzt die Ukraine auf russischer Seite etwa die für die Versorgung der russischen Truppen wichtigen Treibstoffdepots in Brand.
Das Land wehrt sich seit fast drei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.
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