Steuerabkommen mit Schweiz vor dem Scheitern
Berlin (dpa) - Das Steuerabkommen Deutschlands mit der Schweiz droht nach jahrelangen Verhandlungen doch noch zu scheitern. Die von SPD und Grünen geführten Länder lehnen das Abkommen zur Besteuerung des Milliarden-Vermögens auch nach Zugeständnissen der Schweiz weiter ab.
Das rheinland-pfälzische Finanzministerium erklärte die Nachverhandlungen am Freitag für gescheitert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hofft aber weiter auf eine Einigung. „Kein Abkommen wäre (...) die denkbar schlechteste Lösung“, sagte seine Sprecherin.
Ob die Schweiz zu weiteren Korrekturen bereit ist, blieb offen. Umstritten sind unter anderem die geplante Besteuerung des vor Jahren beiseitegeschafften Altvermögens deutscher Kunden bei Schweizer Banken sowie deren Anonymität. Die Schweiz wollte im März Klarheit. Sonst könne das Abkommen nicht fristgerecht umgesetzt werden. Schäuble ist auf SPD und Grüne angewiesen, da der Bundesrat das Abkommen billigen muss. Es soll zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.
Schäubles Sprecherin Marianne Kothé bestätigte, dass die SPD-geführten Länder „im Augenblick nicht bereit sind, das Abkommen zu unterstützen in der vorliegenden Form“. Der Bund wolle sich aber weiter dafür einsetzen, dass es zu einem Abschluss kommt. Mit der Schweiz werde nun zunächst ein Änderungsprotokoll abgeschlossen. Basis für den Text seien die Ergebnisse der letzten Gespräche.
In beiden Ländern werde das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet. Das Bundesfinanzministerium hoffe, im weiteren Verlauf - wenn die ein oder andere Landtagswahl vorüber sei - zu einem „guten Ergebnis für alle Beteiligten“ zu kommen. Es gebe noch ein Zeitfenster.
Im Schweizer Finanzdepartement hieß es, die deutsche Regierung habe der Schweiz ihre klare Bereitschaft zur Unterzeichnung der Schweizer Vorschläge zum Quellensteuerabkommen mitgeteilt. Beide Länder seien dabei, den „Genehmigungsprozess (...) voranzutreiben“. Die geplante Besteuerung von Altvermögen sei eine faire Lösung.
Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Hans Bernhard Beus, nannte das Verhalten der SPD-Länder unverständlich. „Man war gar nicht weit auseinander“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Samstag). „Wir schätzen, dass die nachträgliche Besteuerung des Vermögens von deutschen Steuerpflichtigen bei Schweizer Banken mindestens 10 Milliarden Euro bringen müsste. Davon stünden dem Bund 3 Milliarden Euro und den Ländern 7 Milliarden Euro zu.“
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) kritisierte, es gebe nach wie vor Schlupflöcher für Steuerbetrüger. „Ich bleibe dabei: Wir sollten zu einem geordneten und gerechten Miteinander kommen. Aber ein Abkommen, das den Steuerehrlichen nicht zuzumuten ist, ist nicht akzeptabel“, sagte er der dpa.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) warf den SPD-regierten Ländern vor, „eine ideologisch motivierte Maximalposition“ einzunehmen. Diese führe dazu, „dass wir bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung keinen Schritt weiterkommen“.
Die Schweiz war zuletzt bereit, höhere Steuersätze für Altvermögen deutscher Kunden bei Schweizer Banken zu akzeptieren. Nach bisherigen Plänen soll rückwirkend auf zehn Jahre einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 19 und 34 Prozent an den deutschen Fiskus überwiesen werden. Deutsche Steuerbetrüger blieben aber anonym und hätten so beiseitegeschafftes Geld legalisiert.
Dem Vernehmen nach hatte die Schweiz nun Steuersätze zwischen 21 bis 41 Prozent angeboten. Die SPD verlangt einen Mindestsatz von 25 Prozent. Gegner monieren auch, dass die Namen von Steuerbetrügern - anders als im Fall von US-Bürgern - weiter im Dunkeln bleiben.
Von 2013 an sollen zudem Erträge deutscher Anleger mindestens genau so hoch besteuert werden wie in Deutschland. Auf in der Schweiz kassierte Zinsen und Dividenden soll eine Quellensteuer von etwa 26,4 Prozent (inklusive „Soli“-Zuschlag“) gezahlt werden. Auch hier soll das Geld anonym überwiesen werden.
Belastbare Angaben über die Schwarzgeldguthaben in der Schweiz gibt es nicht. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in das Alpenland geschleust haben. Von den nun erhofften Milliarden-Einnahmen ab 2013 erhält der Bund weniger als die Hälfte, der Rest geht an Länder und Kommunen.