Studenten-Proteste: Kolosseum und Turm von Pisa besetzt
Rom (dpa) - Bei neuerlichen Studentenprotesten in ganz Italien gegen Kürzungen im Bildungswesen haben Demonstranten das weltbekannte Kolosseum und den schiefen Turm von Pisa besetzt.
Dutzende von Studenten übersprangen in Rom die Drehkreuze vor dem größten Amphitheater des Altertums, zündeten rote Nebelkerzen und riefen vor den verblüfften Touristen im Chor: „Wir sind die wirklichen Löwen“. Im Kolosseum waren einst Tausende wilde Tiere von Gladiatoren getötet worden. In Pisa nahmen einige Dutzend Menschen das ebenfalls weltbekannte Wahrzeichen ein - auch hier vor den erstaunten und amüsierten Touristen, wie italienische Medien berichteten.
Von Mailand bis Palermo gingen Studenten, Wissenschaftler und Lehrer zu Tausenden auf die Straße. Viele Universitätsgebäude wurden teilweise besetzt, unter anderem in Mailand, Turin, Florenz, Ancona und Bari. Die Proteste richten sich vor allem gegen eine umstrittene Reform der Bildungsministerin Mariastella Gelmini. Die Reform sehe für das kommende Jahr Kürzungen von 700 Millionen Euro allein für die Hochschulen vor. Zahlreiche Stellen sollen nicht wieder besetzt werden.
Die konservative Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte 2008 bereits eine umstrittene Schulreform verabschiedet, die den Abbau von bis zu 130 000 Lehrer- und Verwaltungsstellen im Schulwesen bis Ende 2012 vorsieht.
Zu gewalttätigen Zwischenfällen kam es auf dem Campus der Universität Florenz, wo bei Auseinandersetzungen zwischen Protestierern und Polizisten mindestens ein Student verletzt worden sei. Die römische Universität „La Sapienza“ musste wegen der zunehmenden Proteste die feierliche Eröffnung des Hochschuljahres „aus Sicherheitsgründen“ verschieben.
Ein sogenanntes Sit-in vor dem römischen Abgeordnetenhaus verlief friedlich. Hunderte von Studenten zerstreuten sich nach mehr als einer Stunde ohne weitere Zwischenfälle. Am Mittwoch war eine kleine Gruppe vor dem Senat mit der Polizei beim Versuch aneinandergeraten, in das Gebäude einzudringen. Die Demonstranten hatten mit Eiern geworfen und lautstark den Rücktritt der Regierung gefordert.
Vor rund einer Woche waren bereits Zehntausende gegen die umstrittene Reform auf die Straße gegangen. Am kommenden Samstag wollen sich die Hochschuldemonstranten mit ihrem Protest einer angekündigten Gewerkschaftsdemonstration anschließen. Die Regierung will die einschneidende Reform am Dienstag endgültig durch das Parlament bringen.