Syrien-Krisengipfel warnt China und Russland
Paris/Istanbul (dpa) - Die „Freunde Syriens“ wollen die Opposition gegen das Regime in Damaskus noch stärker unterstützen. Bei einem Treffen der Vertreter aus rund 100 Staaten in Paris hagelte es zugleich schwere Vorwürfe gegen China und Russland.
Der oppositionelle Syrische Nationalrat (SNC) zeigte sich dennoch enttäuscht. Zugleich elektrisierte die Fahnenflucht eines hochrangigen syrischen Militärs die Exil-Gemeinde. Im umkämpften Land selbst sollen wieder mehr als 40 Menschen von den Sicherheitskräften getötet worden sein.
Die sogenannte Syrien-Freundesgruppe einigte sich in Paris unter anderem darauf, den Regimegegnern bessere Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen. Damit soll der Widerstand gegen Präsident Baschar al-Assad sicherer und effektiver werden. An die Assad-Gegner erging die Forderung nach mehr Zusammenhalt. Sie müssten eine „glaubwürdige Alternative“ zum gegenwärtigen Regime bilden.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen müsse „schnellstmöglich“ geeignete Maßnahmen für ein Ende der Gewalt ergreifen, sagte Frankreichs Präsident François Hollande in Richtung der Veto-Mächte Russland und China. Er forder beide Länder eindringlich auf, die Blockade gegen neue UN-Resolutionen zu beenden. Beide Großmächte hatten die Konferenz in Paris boykottiert.
Der russische Vizeaußenminister Gennadi Gatilow wies die in Paris geäußerte Kritik als unangemessen zurück. Die Behauptung von US-Außenministerin Hillary Clinton, Moskau stütze Assad, sei nicht korrekt, sagte er am Freitag. „Wir sind keine Anwälte des syrischen Anführers.“
Ein SNC-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: „Die Konferenz hat uns moralisch und politisch unterstützt, aber zu diesem Zeitpunkt brauchen wir von der internationalen Gemeinschaft mehr als bloße Versprechen.“
Als Lichtblick erscheint vielen Oppositionellen die Flucht von Brigadegeneral Manaf Tlass, der mit der Hilfe von Deserteuren Syrien über die Türkei verlassen haben soll. Ein Sprecher des französischen Außenministeriums erklärte am Freitag, Tlass sei inzwischen auf dem Weg nach Paris. Er soll Familie in Frankreich haben.
Unter Experten gilt Kommandeur Tlass als möglicher Kandidat für eine Führungsrolle im Sicherheitsapparat nach einem Zusammenbruch des Assad-Regimes. Er war in jungen Jahren ein Freund von Basil al-Assad, der 1994 bei einem Autounfall ums Leben kam. Basil war vom damaligen Präsidenten Hafis al-Assad ursprünglich als Nachfolger vorgesehen. Nach dem Tod des Lieblingssohnes rückte der Augenarzt Baschar nach, der schließlich im Jahr 2000 das politische Erbe seines Vaters antrat.
In der oppositionellen Freien Syrischen Armee gab es auch kritische Stimmen: Der General habe sich so spät abgesetzt, dass Zweifel an seinen Motiven angebracht seien, sagte ein Sprecher. „Was ist eine Fahnenflucht noch wert, wenn das Regime schon dabei ist, sich aufzulösen?“, fügte er hinzu.
In mehreren syrischen Städten fanden nach dem Mittagsgebet Anti-Regime-Demonstrationen unter dem Motto „Freitag des Volksbefreiungskampfes“ statt. Das staatliche Fernsehen berichtete von „Anti-Terror-Operationen“, in Damaskus kam es zu Zusammenstößen mit dutzenden Toten. Seit Beginn der Kämpfe im Frühjahr 2011 sind es mutmaßlich schon mehr als 16 000 Todesopfer. Ihrer gedachten die Syrien-Freunde mit einer Schweigeminute in Paris.
Der UN-Menschenrechtsrat sprach sich in Genf für eine strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien aus. Zugleich unterstützte das Gremium in einer am Freitag mit großer Mehrheit angenommenen Resolution aber auch Gespräche zur Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts und nach Versöhnung. Russland, China und Kuba votierten erwartungsgemäß gegen die Resolution.