Syriens Konfliktparteien sollen verhandeln
Moskau/Istanbul (dpa) - Mehr als zwei Jahre nach Ausbruch des blutigen Syrien-Konflikts keimt vorsichtige Hoffnung auf eine Lösung am Verhandlungstisch. Russland und die USA wollen möglichst noch im Mai eine internationale Konferenz einberufen.
Denn ohne Führung und Versöhnungsprozess sei Syrien ein Pulverfass mit der Gefahr, dass Extremisten gestärkt würden und Chemiewaffen in die falschen Hände geraten könnten, meint US-Außenminister John Kerry nach einem Treffen mit seiner italienischen Kollegin Emma Bonino in Rom. Doch Berichte über russische Raketenlieferungen an Syrien in den nächsten Monaten alarmieren Israel und die USA.
US-Medien berichteten am Donnerstag über Informationen aus Israel, wonach Moskau der Regierung in Damaskus mehrere Abwehrsysteme vom Typ S-300 zur Verfügung stellen will, die Kampfjets und Raketen vernichten können. Israel beruft sich dabei auf auffällige Finanztransaktionen. Die erste Lieferung könne schon in den kommenden drei Monaten erfolgen, hieß es. Eine solcher Waffendeal würde Syriens Luftabwehr deutlich verbessern, schrieb die „New York Times“.
Kerry kritisierte diese möglichen russischen Raketenlieferungen an Damaskus als „potenziell destabilisierend“ für Israel. Die USA wollten nicht, dass Moskau Assad militärische Hilfe leiste. Jetzt darüber zu reden sei aber kontraproduktiv, das werde auch Thema auf der Konferenz sein.
Die internationale Konferenz zum Syrienkonflikt hatten Kerry und der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Treffen am Dienstag in Moskau vereinbart. Bis dahon vertraten Washington und Moskau in dem Konflikt unterschiedliche Positionen.
Zuletzt hatten Spekulationen über einen Giftgas-Einsatz sowie der jüngste israelische Luftangriff auf einen Waffentransport in Syrien die Sorge wachsen lassen, der Konflikt könnte eskalieren. Mit dem Luftschlag am Wochenende hatte Israel die Lieferung hochmoderner Raketen an die radikal-islamische Hisbollah im Libanon verhindern wollen, wie israelische Medien berichteten.
An der geplanten Syrien-Konferenz sollen nach russischen Angaben alle an dem Konflikt beteiligten Gruppen des arabischen Landes teilnehmen. Auf Basis eines im Sommer 2012 von den UN-Vetomächten und mehreren Nahost-Staaten entworfenen Fahrplans soll dann der politische Übergangsprozess eingeleitet werden.
Demnach soll in Damaskus eine Übergangsregierung aus Vertretern des Regimes und der Opposition gebildet werden - aus Sicht der USA ohne Präsident Baschar al-Assad. Eine solche Führung müsse mit der Zustimmung beider Seiten gebildet werden, „was nach unserer Beurteilung klar bedeutet, dass Präsident Assad nicht Teil dieser Übergangsregierung sein wird“, bekräftigte Kerry am Donnerstag in Rom bei einem Treffen mit seinem jordanischen Amtskollegen Nasser Judeh.
Das Regime in Damnaskus begrüßte den russisch-amerikanischen Vorstoß, allerdings mit einer Einschränkung. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana erklärte sich die syrische Führung erneut zu einem „Nationalen Dialog“ mit der Opposition bereit - allerdings in der Hauptstadt Damaskus. Das Assad-Regime hat bereits mehrfach zu einem Dialog mit der Opposition aufgerufen, allerdings stets zu Bedingungen, die die Rebellen strikt ablehnen.
Die syrische Oppositionsplattform Nationale Syrische Koalition bekräftigte in einer Erklärung, dass der Demokratisierungsprozess „mit dem Ausscheiden von Baschar al-Assad und den Spitzen seines Regimes beginnen“ müsse. Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Führung in Damaskus auf diese Bedingung einlassen würde.
Die Kämpfe in Syrien dauerten am Donnerstag weiter an. DieFreie Syrische Armee (FSA) leitete einen Angriff auf die von den Regierungstruppen kontrollierte Provinzhauptstadt Idlib ein. Südlich von Damaskus wurde laut Aktivisten der Anführer der islamistischen Al-Nusra Front, Abu Mohammed al-Dschawlani, verletzt - am Bein. Seine Rebellentruppe steht dem Terrornetzwerk Al-Kaida ideologisch nahe. Nach UN-Angaben kamen seit Beginn des Konflikts im März 2011 mehr als 70 000 Menschen ums Leben.