Teilweiser Rückzug der Armee in Ostukraine
Donezk (dpa)- Nach der Einigung auf eine demilitarisierte Zone in der Ostukraine haben die Regierungstruppen erste Einheiten aus dem Gebiet Donezk abgezogen.
Die Truppen hätten einige Ortschaften verlassen, um die Lage von neuen Stellungen aus besser kontrollieren zu können, teilte Andrej Lyssenko vom nationalen Sicherheitsrat mit. Zuvor hatten prorussische Separatisten von einem teilweisen Rückzug ukrainischer Regierungstruppen berichtet.
Die Konfliktparteien hatten unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Nacht zum Samstag eine Pufferzone von 30 Kilometern vereinbart. In der Zone sind keine Waffen oder Kampfverbände erlaubt. Von einer konkreten Umsetzung der Vereinbarung war am Sonntag allerdings noch keine Rede.
Die Sicherheitszone könne nur im Fall einer kompletten Waffenruhe und bei einem synchronen Rückzug der Kampfverbände auf beiden Seiten umgesetzt werden, sagte Lyssenko. Die Regierungstruppen hielten sich an die Feuerpause, wehrten sich aber weiter auch mit Waffen gegen Angriffe, sagte er. Mehrere Stellungen der „Anti-Terror-Operation“ seien auch am Wochenende beschossen worden. Lyssenko sprach von zwei getöteten Soldaten. Den Teilrückzug von Einheiten begründete er mit der Gefahr für Truppen, von den Kampfverbänden der Separatisten eingekesselt zu werden.
Die seit zwei Wochen offiziell geltende Waffenruhe in den nicht anerkannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk hält im Großen und Ganzen, wie Medien berichten. Allerdings kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, für die sich die Konfliktseiten gegenseitig die Schuld geben. Die Aufständischen in Donezk teilten mit, dass immer wieder Schüsse und Explosionen zu hören seien. Demnach hielten die ukrainischen Regierungstruppen weiter viele Stellungen mit Hilfe schwerer Artillerie unter Kontrolle.
Die EU begrüßte die in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unter OSZE-Vermittlung vereinbarten neuen Schritte für eine Lösung der Krise. Die Waffenruhe sowie der Austausch von Gefangenen hätten zu einem „bedeutenden Rückgang“ der Gewalt geführt, hieß es in einer in Brüssel veröffentlichten Mitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Ein dauerhafter Waffenstillstand sei der Schlüssel für eine politische Lösung der Krise.
Die Separatisten hatten die jüngsten Zugeständnisse der ukrainischen Regierung als Schritte auf ihrem Weg zur Unabhängigkeit begrüßt. Die heikle Frage des künftigen Status der Ostukraine - einer der wichtigsten Streitpunkte zwischen Kiew und den Separatisten - war aber kein Thema bei den Verhandlungen in Minsk. Darüber werde später gesprochen, sagte Separatistenführer Alexander Sachartschenko.
Der prowestliche ukrainische Staatschef Petro Poroschenko hatte der Ostukraine per Gesetz einen Sonderstatus für drei Jahre zugebilligt. Der Status sieht weitgehende Selbstverwaltungsrechte vor. Eine Abspaltung der ostukrainischen Gebiete lehnt die Regierung in Kiew aber weiter vehement ab.
Die ukrainische Führung hatte Mitte April den umstrittenen „Anti-Terror-Einsatz“ gegen die schwer bewaffneten und von Russland unterstützten Separatisten begonnen. Seither starben bei den Kämpfen nach UN-Schätzungen mehr als 3000 Menschen. Tausende sind verletzt worden. Hunderttausende Ostukrainer befinden sich auf der Flucht - sowohl innerhalb der Ukraine als auch zu großen Teilen in Russland.
Unter dem Motto „Nein zum Krieg!“ protestierten in Moskau Zehntausende Menschen bei einem großen Friedensmarsch gegen die Ukraine-Politik von Kremlchef Wladimir Putin. Unter einem extremen Sicherheitsaufgebot der Polizei trugen die Demonstranten auch Schilder mit den Bildern und Namen von russischen Soldaten, die bei den Kämpfen in der Ostukraine getötet wurden.
Gemäß dem in Minsk unterzeichneten Memorandum müssen ausländische Kämpfer die Ukraine verlassen. Das russische Außenministerium wies am Samstag erneut Vorwürfe des Westens zurück, in der Ostukraine würden russische Soldaten eingesetzt. Zur Bekämpfung der humanitären Krise schickte Moskau nach dem Treffen in Minsk einen dritten Hilfskonvoi ins Konfliktgebiet. Rund 200 Lastwagen mit 2000 Tonnen brachten Nahrungsmittel und Medikamente ins Krisengebiet.