Terror am Stade de France - Freude schlägt in Angst um

Paris (dpa) - Gleich der erste unglaublich laute Knall sorgt für ein mulmiges Gefühl auf den vollbesetzten Rängen. Das Stade de France scheint kurz zu erzittern. Die Bombendrohung des Nachmittags am DFB-Teamhotel ist sofort wieder in Erinnerung.

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Dann, wenig später - es läuft noch die erste Spielhälfte - folgt ein zweiter Knall, irgendwo hinter der riesigen Betonschüssel. Eine Explosion? Doch der Ball rollt im Länderspiel der deutschen Weltmeister gegen den EM-Gastgeber Frankreich vor fast 80 000 Zuschauern weiter.

Im Stadion herrscht eine merkwürdig gedrückte Stimmung. Hubschrauber kreisen am Himmel. Was hat das alles zu bedeuten? Nach und nach sickern erste Informationen durch. Frankreichs Präsident Francois Hollande hat die Arena verlassen, heißt es. Die schrecklichen Geschehnisse in der Stadt werden nach und nach bekannt.

Dann folgt der Schlusspfiff. Das Stadion war während der Partie zeitweise abgeriegelt - damit es keine Massenpanik gibt, werden jetzt die Tore geöffnet. Nach draußen, aber auch nach drinnen zum Rasen hin. Tausende strömen in den Innenraum der Arena. Vor dem Stadion laufen kurzzeitig Menschen hektisch durcheinander, als ein Tor wieder geschlossen wird. Hunderte Menschen rennen zurück, die Treppen ins Stadioninnere hinauf - aber es gibt offensichtlich keine Verletzten.

Vor dem Stadion gibt es drei Tote. Das erzählt Noel Le Graet, der französischen Fußballverbandspräsident, in der Mixed Zone. Alle anderen Medienaktivitäten der Spieler und Offiziellen sind abgesagt. Die deutschen Akteure und Bundestrainer Joachim Löw harren in der Kabine aus - stundenlang. „Wir werden uns jetzt beraten, was wir tun“, hatte Löw unmittelbar nach dem verlorenen Spiel gesagt.

Das 0:2 spielt angesichts der schrecklichen Ereignisse überhaupt keine Rolle mehr. „Wir sind alle erschüttert und schockiert“, sagte Löw in der ARD. Nach Mitternacht berichtet der Sicherheitsbeauftragte des DFB, Henrik Große Lefert: „Die Spieler sind sich der Situation sehr bewusst und sind alle angespannt. Wir hoffen, dass sich die Lage nicht weiter zuspitzt.“ Klar ist für den Verband: Die Mannschaft soll so schnell wie möglich nach Deutschland zurück. Wann das geht, weiß noch keiner.

Auf dem Rasen warten immer noch Tausende darauf, dass sie die Arena verlassen können. Unter den Besuchern sind auch 1200 Helfer der Germanwings-Katastrophe vom März, ein Dankeschön für ihren Einsatz in den französischen Alpen. Wie gerade sie sich an diesem Abend fühlen müssen?

Die rund 1000 Fans aus Deutschland saßen im Oberrang. Sie wurden wohl eher nach draußen geführt. Nach und nach werden die Besucher von Ordnern in gelben Overalls vom Rasen aus dem Stadion geleitet. Es bleibt erstaunlich ruhig, das Krisenmanagemet in der EM-Endspielarena funktioniert gut. Der Stadionsprecher trägt mit ruhiger Stimme dazu bei. Er verspricht Informationen auf der Verbandsseite am nächsten Tag.