Timoschenkos Freilassung nicht in Sicht
Kiew/Berlin (dpa) - Die Ukraine bemüht sich um eine gute Fußball-EM - doch für Julia Timoschenko dürfte sie erfolglos sein. Eine Freilassung zum Finale ist nicht in Sicht. Kanzlerin Merkel würde bei einem Endspiel mit Deutschland nach Kiew fahren.
Wohl auch in politischer Mission.
Die inhaftierte ukrainische Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko kann sich keine Hoffnung auf eine Freilassung noch im Zuge der Fußball-Europameisterschaft machen. Daran ändert wohl auch eine mögliche Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Sonntag nach Kiew nichts, falls Deutschland ins Finale kommen sollte. Die deutsche Opposition hält eine Begegnung Merkels mit Präsident Viktor Janukowisch beim Finale für kritisch.
Das Hohe Sondergericht in Kiew vertagte am Dienstag erneut eine Berufungsverhandlung, diesmal auf den 12. Juli. Es folgte einem Antrag der Staatsanwaltschaft, die ein Attest abwarten will über den Zustand von Timoschenko, die an einem Bandscheibenvorfall leidet. Die Oppositionspolitikerin nahm nicht an der Verhandlung teil. Ein anderes Gericht hatte am Vortag in einem zweiten Prozess gegen sie angeordnet, dass sie von einem Amtsarzt untersucht wird. Vor dem Gerichtsgebäude forderten rund 500 Demonstranten ihre Freilassung.
Timoschenko will unter Berufung auf Verfahrensmängel erreichen, dass ihre siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs aufgehoben wird. Ihr Anwalt Sergej Wlassenko kündigte an, das international umstrittene Urteil notfalls vor den Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg zu bringen. Experten gehen davon aus, dass die erkrankte Politikerin erst nach der Präsidentenwahl 2015 entlassen wird.
Vor Beginn der EM hatte sich Merkel besorgt über die rechtsstaatliche Lage in der Ukraine geäußert und sich für eine schnelle Behandlung Timoschenkos eingesetzt. Die 51-Jährige wird derzeit von deutschen Ärzten in einer Klinik in der Charkow rund 480 Kilometer östlich von Kiew behandelt. In Charkow ist das Gefängnis.
Die Kanzlerin will nach dpa-Informationen bei einem Einzug der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ins EM-Finale trotz der schwierigen Menschenrechtslage zum Endspiel nach Kiew fahren. Das verlautete in Berlin aus Regierungskreisen. Merkel hatte der Löw- Mannschaft ihre Teilnahme laut Teammanager Oliver Bierhoff bereits angekündigt. Offiziell will sie sich aber erst nach dem Halbfinale gegen Italien äußern, das am Donnerstag in Warschau ausgetragen wird.
Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Tom Koenigs (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Ich möchte keine Jubelbilder der Kanzlerin mit Janukowitsch sehen.“ „Wenn sie sich beteiligen will, und das will sie ja, dann kann sie sehr viel mehr Fans beglücken, wenn sie hier (in Berlin) zur Fanmeile kommt.“ Koenigs kritisierte, Timoschenko werde zu Unrecht „in einem scheußlichen Gesundheitszustand im Gefängnis gehalten“. Es reiche nicht einmal aus, wenn Merkel Timoschenko in der Haft besuchte. „Wenn natürlich es Frau Merkel gelänge, Frau Timoschenko mitzubringen, dann soll sie auch aufs Spiel gehen, dann gewinnen wir auch die Europameisterschaft.“