Chance zur Wiedergutmachung Trump lädt Putin ins Weiße Haus ein

Washington/Moskau (dpa) - US-Präsident Donald Trump überrascht wieder einmal Freund und Feind. Nachdem die Einladung für Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Herbst nach Washington publik wurde, fiel Geheimdienstkoordinator Dan Coats förmlich der Kiefer herunter.

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„Sag das noch einmal“, wandte er sich an eine Reporterin. Nach einem ungläubigen Lachen fängt sich Coats auf einem Forum in Aspen (Colorado) wieder: „Okaaaaaaaay...das wird ja was Besonderes.“

Sollten sich die Verbündeten in Europa vernachlässigt fühlen, weil das Weiße Haus um Einzelheiten des Gipfeltreffens zwischen Trump und Putin am Montag in Helsinki nach wie vor ein großes Geheimnis macht, dann mag das hier als kleiner Trost kommen: Die politische Elite in Washington schäumt, weil es ihr nicht besser geht. Normalerweise würden nach einem Gipfel Informationen mit Regierungsmitarbeitern und Schlüsselpolitikern im US-Kongress geteilt, schreibt das „Wall Street Journal“ am Freitag.

Im Fall Trump scheint die Russland-Politik eine reine One-Man-Show zu sein, die des Präsidenten. Senator Lindsey Graham, wichtiges Mitglied im Verteidigungsausschuss und wie Trump ein Republikaner, sagte frustriert: „Ich habe keine Ahnung, ob irgendwelche Vereinbarungen getroffen wurden. Ich möchte das wissen.“ Auch die oppositionellen Demokraten forderten Trump auf, vor dem zweiten Gipfel mit Putin zunächst aufzuklären, was er im Vieraugengespräch in Helsinki besprochen hat.

Die Stimmung in Washington dürfte sich nicht aufhellen, nachdem nun ausgerechnet von russischer Seite Stück für Stück Einzelheiten durchsickern. Moskau habe bei dem Treffen eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie man den Konflikt in der Ostukraine beenden könne, sagte der russische Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, am Freitag. Putin und Trump hätten die Möglichkeit eines Referendums besprochen, sagte der Diplomat der Agentur Tass zufolge in Moskau. Es habe konkrete Vorschläge gegeben. Details nannte er jedoch nicht.

Das russische Außenministerium betonte, man werde dies nicht kommentieren. Außenamtssprecherin Maria Sacharowa ergänzte jedoch: „Wenn die internationale Gemeinschaft, allen voran die USA, Kiew nicht dazu bringen kann, die Minsker Vereinbarungen einzuhalten, kann man andere Optionen diskutieren.“

Nachdem das Thema von der russischen Seite öffentlich gemacht wurde, reagierte das Weiße Haus. Die Regierung unterstütze kein Referendum in der Ostukraine, teilte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Garrett Marquis, mit. Das Minsker Abkommen regele den Prozess zur Konfliktlösung im Donbass, und darin sei die Option eines Referendums nicht festgehalten. Außerdem habe ein so genanntes Referendum in einem Teil der Ukraine, der nicht unter Kontrolle der Regierung stehe, keine Legitimität.

In der Ostukraine kämpfen seit 2014 prorussische Separatisten gegen Regierungstruppen. Berlin, Paris, Moskau und Kiew hatten 2015 einen Friedensplan in Minsk ausgehandelt. Dessen Umsetzung steckt aber seit langem in einer Sackgasse. Bislang sind nach UN-Angaben mehr als 10.000 Menschen in dem Konflikt getötet worden.

Russland sei grundsätzlich zu weiteren Treffen mit Trump bereit, sagte Antonow weiter. „Wir sind immer offen für solche Vorschläge.“ Der Botschafter fügte hinzu: „Wir müssen aber zunächst das Treffen (in Helsinki) verarbeiten und verstehen, was zwischen den beiden Präsidenten erreicht worden ist.“ Ständig im Dialog zu bleiben, fördere das gegenseitige Verständnis. Es wäre Putins erster Besuch im Weißen Haus seit September 2005, als George W. Bush noch US-Präsident war.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte den für Herbst geplanten Gipfel. Solche Treffen müssten wieder zur Normalität werden, sagte Merkel bei ihrer Sommer-Pressekonferenz in Berlin. „Immer wenn gesprochen wird, ist es im Grunde gut für alle. Und gerade, wenn zwischen diesen beiden Ländern gesprochen wird.“

Nach dem ersten Gipfel der beiden Staatschefs in Helsinki war Trump in den USA über Parteigrenzen hinweg heftig kritisiert worden. Trump hatte bei der Pressekonferenz öffentlich die Erkenntnisse der US-Geheimdienste angezweifelt, dass sich Russland in die US-Wahlen 2016 eingemischt habe. Er ruderte daraufhin zurück und sagte, er habe sich versprochen.

Am Donnerstag musste Trump dann einen weiteren Rückzieher machen. Er stellte klar, er werde nicht zulassen, dass russische Ermittler den ehemaligen US-Botschafter in Moskau sowie einen US-Geschäftsmann vernehmen dürfen. In Helsinki klang das anders.

Geheimdienstkoordinator Coats erneuerte in Aspen seine Vorwürfe gegen die Russen: „Sie sind es, die versuchen, unsere Grundwerte zu untergraben, uns von unseren Alliierten zu entzweien, bei unserem Wahlprozess Chaos anzurichten.“

Auch der Zeitpunkt der Einladung ist interessant. Im November stehen Zwischenwahlen zum US-Kongress an, dann entscheidet sich, ob Trumps Republikaner ihre Mehrheiten in beiden Kammern, dem Abgeordnetenhaus und Senat, verteidigen können. Nach einem verheerenden Echo nach dem Helsinki-Gipfel könnte Trump möglicherweise kurz vor der Wahl punkten.

Fremd- und Selbstwahrnehmung gehen im Fall des US-Präsidenten mitunter weit auseinander. Im Frühstücksfernsehen des US-Senders CNBC lobte Trump sich am Freitag wieder selbst. „Ich hatte ein unglaubliches Treffen mit Präsident Putin. Ich glaube, ich habe mich sehr gut geschlagen auf der Pressekonferenz, außer natürlich für die Fake-News-Medien.“ Damit meint Trump Medien, die unabhängig und auch kritisch berichten und keine ausgemachten Fans von ihm sind.

„Ich freue mich auf unser zweites Treffen, damit wir damit beginnen können, einige der vielen diskutierten Themen umzusetzen“, twitterte Trump am Donnerstag. Im CNBC-Interview sagte der Präsident, wenn Russland und die USA miteinander auskämen, sei das eine gute und keine schlechte Sache.

Nach drei Tagen mit Dementis, Zurückrudern, Klarstellungen und Schadensbegrenzung lief Trump am Freitag wieder zu alter Höchstform auf. Im Vergleich zu ihm sei sein Vorgänger, Ex-Präsident Barack Obama, in der Russland-Politik ein Einfaltspinsel gewesen. Kein US-Präsident ging nach seiner Darstellung je so hart gegen Russland vor wie er. Putin wisse, dass er zum schlimmsten Feind, zum schlimmsten Alptraum für ihn werden könne.