Interview Russland-Beauftragter Wiese: Das Treffen zwischen Trump und Putin birgt Unsicherheiten

Europa muss künftig deutlich stärker auf ein gemeinsames Handeln bedacht sein, egal, wie das Treffen von Wladimir Putin und Donald Trump an diesem Montag in der finnischen Hauptstadt Helsinki ausgeht.

Foto: Auswärtiges Amt

Das machte der neue Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Dirk Wiese (SPD), im Gespräch mit unserem Korrespondenten Stefan Vetter deutlich.

Herr Wiese, was erwarten Sie ich von dem Treffen in Helsinki?

Dirk Wiese: Grundsätzlich ist es natürlich auch im deutschen und europäischen Interesse, wenn die USA und Russland sich auf höchster Ebene austauschen und ihre beiden Staatsoberhäupter miteinander reden statt nur übereinander. Insofern ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass das Treffen stattfindet. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass über dem Treffen eine gewisse Unsicherheit liegt, weil die Berechenbarkeit der USA im politischen Handeln teilweise verloren gegangen ist.

Rechnen Sie mit konkreten Ergebnissen?

Dirk Wiese: Zu konkreten Ergebnissen werde ich mich erst nach dem Treffen äußern können. Aber es gibt eine Vielzahl von dringenden internationalen Fragen, die angegangen werden müssen. Ich denke da insbesondere an die Lage in Syrien, die Situation in der Ost-Ukraine oder Abrüstungsfragen.

Trump würde nach eigenem Bekunden gern Freundschaft mit Putin schließen. Wäre das wirklich eine gute Nachricht?

Dirk Wiese: Beim jüngsten Nato-Gipfeltreffen hat der US-Präsident eigene Verbündete vor den Kopf gestoßen und dadurch viel Vertrauen verspielt. Vor Überraschungen ist man bei diesem Präsidenten jedenfalls nie gefeit.

Weder Trump noch Putin sind an einem starken Europa interessiert. Droht da eine Einigung zulasten Dritter?

Dirk Wiese: Wenn das Treffen uns eines deutlich vor Augen führt, dann, das wir uns mehr denn je für ein geeintes und geschlossenes Europa einsetzen müssen. Das wäre in der Folge dann eher ein Vertrag z u g u n s t e n Dritter, wenn wir entsprechend handeln.

Mal ganz konkret: Was wäre, wenn Trump dem russischen Präsidenten zum Beispiel ein Ende der Nato-Präsenz in Osteuropa versprechen würde, wie es gerade die baltischen Staaten befürchten?

Dirk Wiese: Ich verstehe ja, dass die Spekulationen jetzt ins Kraut schießen. Dafür hat zweifellos auch der schon erwähnte Nato-Gipfel gesorgt. Am Ende dieses Treffens hat Trump allerdings dann doch ein Bekenntnis zu einer starken Nato und zum multilateralen Handeln abgelegt. Ob aus eigenen Stücken oder auf Drängen seiner Berater, sei einmal dahingestellt. Aber das Bekenntnis ist da. Und daran sollte man das Treffen in Helsinki messen.

Wer profitiert eigentlich mehr von der Begegnung, Trump oder Putin?

Dirk Wiese:
Das hängt natürlich von den Ergebnissen ab. Aber natürlich hat dieses Treffen für beide Seiten eine enorme politische Bedeutung. Die grundlegenden Differenzen zwischen Washington und Moskau werden sich aber aus meiner Sicht nicht durch ein Treffen vom Tisch wischen lassen.

Woran denken Sie genau?

Dirk Wiese: Das betrifft insbesondere die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, Fragen der Abrüstung oder die mangelnden Fortschritte im Minsker Prozess zur friedlichen Konfliktbeilegung in der Ost-Ukraine. Insofern haben Moskau und Washington auch klar unterschiedliche Interessen, die bei dem Treffen in Helsinki offen zutage treten könnten. Auf der anderen Seite kann man aus unserer Sicht mit Russland aber auch konstruktiv zusammenarbeiten. Ich denke da zuallererst an die Aufrechterhaltung des Atomabkommens mit dem Iran, das von den USA aufgekündigt wurde.