Bundeskanzlerin TV-Versprechen: Ein Pfleger zeigt Merkel seinen Job
In einer Wahlkampfshow hatte ein Altenpfleger die Bundeskanzlerin eingeladen, sich einmal ein Bild von seinem Job zu machen. Nun kommt Merkel tatsächlich in sein Altenheim nach Paderborn. Der rappende Pfleger wird so zum Botschafter für einen Beruf mit Imageproblem.
Paderborn. Ferdi Cebi ist ein Mutmacher. Während andere über Pflegenotstand und Fachpflegermangel lamentieren, redet er über den Job, den er liebt. Der 36-Jährige ist leidenschaftlich gern Altenpfleger.
Nun bekommt er an diesem Montag die seltene Chance, der höchsten Frau im Staat zu zeigen, warum er mehr Anerkennung einfordert, für das, was Pfleger täglich leisten. Dabei will Cebi der Bundeskanzlerin Angela Merkel natürlich nicht verschweigen, was alles schief läuft in seiner Branche. Aber er will zeigen, dass Altenpfleger trotzdem ein lohnenswerter Beruf ist.
Als Cebi vor einigen Monaten vor der Bundestagswahl als Gast im Zuschauerraum der Wahlkampfsendung mit der CDU-Spitzenkandidatin „Klartext, Frau Merkel“ das Wort ergreift, ahnt er nicht, welche Folgen sein Auftritt haben würde. Die Sendung, in der ausgewählte Bürger Fragen an die Politikerin stellen dürfen, nutzt er, um einmal loszuwerden, was ihm schon lange auf der Seele brennt: Es brauche einen besseren Lohn, bessere Arbeitszeiten, eine Mindestzahl an Personal auf den Stationen. Merkel erklärte damals, welche Verbesserungen die Regierung bereits auf den Weg gebracht habe und versprach weitere Fortschritte.
Spontan habe er sich entschieden, die Kanzlerin einzuladen, ihn einmal im Arbeitsalltag zu begleiten. Sie sagte zu - und kommt tatsächlich für einen etwa eineinhalbstündigen Besuch in das evangelische Altenheim St. Johannisstift im ostwestfälischen Paderborn.
Vor dem Besuch will Cebi sich jedoch nicht Bange machen. Lieber nutzt er die knappe Zeit zwischen dem Verteilen von Medikamenten und der Dokumentation seiner Arbeitsschritte am PC für einen Plausch mit den Menschen, die für die letzte Etappe ihres Lebens ins Altenheim gezogen sind. Vielleicht sind sie hier, weil ihre Betreuung die Kraft der Angehörigen übersteigt. Einige brauchen Hilfe bei Dingen, die jungen, gesunden Menschen selbstverständlich scheinen. Einem bettlägerigen Mann reicht Cebi eine zerdrückte Banane mit der Gabel. Dass er zwischendrin seine Hand streichelt, dankt der Mann dem Pfleger mit zahnlosem Lächeln. Mit der demenzkranken Frau, die er später im Rollstuhl in den Aufenthaltsraum fährt, schäkert er fröhlich. Sie nennt ihn liebevoll „unseren Chef“.
„Wir sind soviel mehr als nur für die Intimpflege und Toilettengänge zuständig“, sagt Cebi. Für ihn ist sein Beruf ein Geben und Nehmen: Er kümmert sich, dass es den Alten gut geht - körperlich und seelisch. Sie danken es ihm, erzählen aus ihrem Leben. „Man kann soviel von ihnen lernen“, schwärmt Cebi. Obwohl er eigentlich Tischler oder Maler werden wollte, blieb er nach dem Zivildienst bei der Pflege, machte schließlich seine Ausbildung und ist heute stolz auf das Fachwissen, dass er als Praxisanleiter auch an junge Kollegen weitergibt.
Dass sich noch immer viel zu wenige Menschen für seinen Beruf entschieden, liege auch daran, dass den meisten die Vielfalt gar nicht klar sei: „Wir versorgen Wunden, arbeiten eng mit den Ärzten zusammen, sind Frisöre, Köche, Entertainer und ganz oft auch Ratgeber.“ Cebi ist bei alledem auch noch Musiker und schreibt Rap-Songs über alles was ihn bewegt. Klar, dass da auch sein Beruf vorkomme. Er textet über das Altwerden und darüber, was er den Pflegebedürftigen mitgeben will. Und über das, was er an Lächeln und Freude oft zurückbekommt. Die alten Menschen bezieht er ein.
„Genieß die schönen Momente im Leben“, rappt Cebi. „Und bleibe jung“, singt der Chorus aus uralten Kehlen in einem Video, das er mit Bewohnern aufgenommen hat. In einem neueren Clip rappt er für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege. Was ihn vor allem umtreibt, ist der Personalmangel. Schon jetzt sind in der Alten- und Krankenpflege deutschlandweit mehr als 25 000 Fachkraftstellen nicht besetzt. Zudem fehlen rund 10 000 Hilfskräfte.
Dagegen wehrt sich Cebi: Mit seinem Auftritt in der ZDF-Sendung, seiner Einladung an Merkel und mit seinen Lyrics: „Wir kämpfen weiter bis es auch der letzte sieht, dieser Beruf hat mehr Anerkennung und Respekt verdient.“