Übersetzer gesucht: Der EU fehlen Bewerber
Es winkt der Beamtenstatus. Dennoch wollen zu wenig Fachkräfte nach Brüssel.
Brüssel. Beamter in Brüssel, ein Traumjob? Anscheinend nicht. Zwar sind 16,3 Prozent der EU-Bürger Deutsche, aber nur zehn Prozent der Beamten, sagte ein Sprecher der EU-Kommission nach der jüngsten Kritik an den hohen Gehältern. Die EU suche händeringend nach Beamten aus Deutschland. Doch anders als viele glauben, scheint die Union nicht für alle ein interessanter Arbeitgeber zu sein. Darunter leidet jetzt schon der Übersetzungsdienst bei den europäischen Institutionen.
Dem größten Dienst, dem der Europäischen Kommission mit 1750 Angestellten, fehlen gute Bewerber. Die Übersetzer dolmetschen simultan bei Sitzungen und übersetzen schriftlich Reden oder Gesetzestexte. Die Beamten müssen Englisch oder Französisch und ihre Muttersprache sehr gut beherrschen. Üblicherweise übersetzen sie in ihre Muttersprache.
„Bei einigen Sprachen haben wir jetzt schon Probleme, die Stellen zu besetzen“, sagt Andrea Dahmen, Mitarbeiterin des Übersetzerdienstes, unserer Zeitung. Das beträfe vor allem Irisch, Maltesisch und Englisch. „Die Engländer sind zu wenig an Fremdsprachen interessiert.“ Dahmen kritisiert, dass Briten seit längerem mit 14 Jahren Fremdsprachen abwählen können. „Diese Entscheidung kommt jetzt bei uns an.“
Dänen konzentrierten sich zu einseitig auf Englisch als Fremdsprache. Eine Fremdsprache aber reicht nicht, um für die EU zu arbeiten. „Wir haben fürs Deutsche genug Bewerber, auch aus Österreich und Luxemburg. Aber Pisa lässt grüßen“, kritisiert Dahmen. Die Kandidaten seien recht gut in den Fremdsprachen, fielen aber in der Muttersprache durch. „Junge Menschen müssten wieder Interesse an Fremdsprachen entwickeln.“
Aber nicht nur zu wenig Interesse ist schuld an den mangelnden Bewerbern: Ein weiterer Grund ist die Konkurrenz aus Wirtschaft und von Nicht-Regierungs-Organisationen sowie Nato und Uno. „Die Sprachindustrie hat sich entwickelt, die Nachfrage ist stark gestiegen“, sagt Dahmen. Die Übersetzer seien zwar verbeamtet, aber nicht jeder wolle die Heimat verlassen.
Dass die EU als Arbeitgeber nicht für jeden attraktiv ist, zeigen die jüngsten Bewerberzahlen für das allgemeine Auswahlverfahren (Concours): Im Vergleich zur Bevölkerungszahl gab es zu wenig deutsche Bewerber. Italien und Spanien hatten neben Portugal und Griechenland die größten Zuwächse. Die Wirtschaftskrise dort dürfte für die hohen Bewerberzahlen ausschlaggebend sein, schätzt das Auswärtige Amt.