Und Obama gibt doch die Richtung vor
Einwanderung, Klima-Politik und jetzt die Einigung mit Kuba: Der US-Präsident setzt trotz der verlorenen Kongresswahl Zeichen.
Washington. Am Ende stand nur noch der alte Verbündete Israel auf Barack Obamas Seite. 188 Staaten der UN-Vollversammlung stimmten im Oktober dafür, das harte Wirtschafts- und Handelsembargo der USA gegen Kuba nach mehr als 50 Jahren aufzuheben. Nur die Delegationen aus Washington und Tel Aviv stimmten dagegen, der US-Präsident war isoliert. „Der Rest der Welt hat sich von diesen Richtlinien verabschiedet“, sagt ein Vertreter der US-Regierung.
Aber es ist nicht Druck der internationalen Gemeinschaft, der Obama zu einer Öffnung gegenüber dem sozialistischen Nachbarstaat in der Karibik veranlasste. In seinen verbleibenden zwei Jahren im Weißen Haus will der 53-Jährige sich keineswegs den Titel einer amtsmüden „Lame Duck“ (Lahmen Ente) verpassen lassen und packt überall an, wo er kann. Komplett aufheben kann er das Kuba-Embargo ohne den Kongress nicht — doch er dehnt den rechtlichen Rahmen soweit wie möglich.
„Er arbeitet eine Checkliste dorniger, langjähriger Probleme ab, und er tut alles ihm Mögliche, um sie in Angriff zu nehmen“, sagt sein ehemaliger Top-Berater David Axelrod. Schon in seinem ersten Wahlkampf im Jahr 2008 hatte Obama versprochen, schrittweise auf eine Normalisierung der Beziehungen hinzuarbeiten, wenn Kuba politische Gefangene freilasse und sich demokratisiere. Laut Weißem Haus hat die Regierung von Staatschef Raúl Castro sich nun etwa bereiterklärt, 53 Häftlinge auf freien Fuß zu setzen.
Ob beim Umgang mit Millionen illegalen Einwanderern, den Gesprächen mit dem Iran um dessen umstrittenes Atomprogramm oder Obamas in China verkündeten Klima-Vorgaben zum Ausstoß schädlicher Treibhausgase: Der US-Präsident will die Zügel in der Hand behalten. Die Wahl-Schlappe seiner Demokraten bei den Kongresswahlen und die Dauer-Blockade der Republikaner scheinen Obama angespornt zu haben.
Für den von miserablen Umfragewerten geplagten Präsidenten geht es aber nicht nur darum, den überfälligen außenpolitischen Coup zu landen und seinen Platz in den Geschichtsbüchern zu sichern. Auch der Wettstreit um die Präsidentschaftswahlen 2016 kommt langsam in Fahrt, und die Stimmen der Latino-Bevölkerung sind Gold wert.
„Viva Obama“ rufen dort einige, andere schelten den Präsidenten als Feigling, der sich mit dem für Menschenrechtsverstöße kritisierten Castro-Regime angefreundet habe. Doch es ist auch eine Frage der Generationen: Die Älteren, die sich an Zeiten politischer Verfolgung erinnern, fühlen sich von Obama verraten. Die Jüngeren wünschen sich dagegen politischen Wandel. Politiker mit kubanischem Hintergrund zerreißen sich dagegen über den Schulterschluss mit Castro. Als absurd, beschämend und lächerlich bezeichnete Senator Marco Rubio die Ankündigung Obamas.