Politkrise in Brasilien Urteil in Brasília: Präsident Temer vorerst gerettet

Brasília (dpa) - Brasiliens Staatschef Michel Temer bleibt trotz Unregelmäßigkeiten bei seiner letzten Wahlkampagne vorerst im Amt. Der Wahlgerichtshof lehnte am Freitag (Ortszeit) mit 4 zu 3 Richterstimmen eine Verurteilung wegen illegaler Finanzierung des Wahlkampfes 2014 knapp ab.

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Ein Schuldspruch hätte den Präsidenten des von zahlreichen Korruptionsskandalen erschütterten Landes das Amt gekostet.

Der konservative Politiker der Partei der Demokratischen Bewegung (PMDB) kandidierte 2014 als Stellvertreter der erneut antretenden Präsidentin Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei. Temer löste dann 2016 in einem umstrittenen Verfahren die wegen Haushaltstricksereien des Amtes enthobene Staatschefin Rousseff ab.

Vier der sieben Richter sprachen sich nun für den Freispruch aus, drei sahen das Fehlverhalten als erwiesen an. Laut Anklage hatten der Baukonzern Odebrecht und andere illegale Geldgeber über Jahre hinweg Politiker bestochen und dabei auch die Wahlkampagne finanziert. Hätte das Gericht in Brasília die Vorwürfe für bewiesen gehalten, wäre die gesamte Wahl annulliert worden. Die Richter erkannten aber Aussagen von Odebrecht-Managern nicht als Beweise an.

Ausschlaggebend für den Freispruch war die Stimme des Vorsitzenden Richters Gilmar Mendes. Nachdem jeweils drei der anderen Richter für und gegen eine Verurteilung plädierten, entschied er in öffentlicher Sitzung mit seinem abschließenden Votum zugunsten von Staatschef Temer. Mendes sprach sich in seiner Urteilsbegründung für eine „verantwortliche“ Entscheidung für die Stabilität des politischen Systems aus. Man müsse sonst alle Wahlergebnisse ab 2006 annullieren. „Wenn ihr einen Präsidenten stürzen wollt, müsst ihr euch ein anderes Tribunal aussuchen“, sagte Mendes.

Temer lobte das Urteil als eine „unabhängige“ Entscheidung des Gerichts. Seine Partei PMDB begrüßte den Freispruch ebenfalls und rief Temer dazu auf, die anstehenden Reformen zur Wiederherstellung der rechtlichen Sicherheit und zum Ankurbeln der Investitionen voranzutreiben. Im Parlament stehen zwei Regierungsinitiativen zur Flexibilisierung der Arbeitsverträge und zur Anhebung des Pensionsalters zur Debatte.

Der Staatschef steht seit drei Wochen unter starkem Druck. Unabhängig von dem nun erfolgten Urteil droht dem 76-Jährigen durch eine andere Affäre der Amtsverlust. Der Unternehmer Joesley Batista hat ihn durch einen der Justiz übergebenen Mitschnitt eines Gesprächs belastet. Dieses nährt den Verdacht von Schweigegeldabsprachen, damit ein Mitwisser bei Korruptionsgeschäften nicht auspackt.