USA warnen vor wachsender Terrorgefahr durch IS
Istanbul/Washington (dpa) - Konkrete Hinweise auf mögliche Terrorattacken haben die Geheimdienste der USA noch nicht. Doch dass die Sunnitenmiliz IS bereit ist, unschuldige Amerikaner zu töten, zeigten schon die Enthauptungen von Geiseln.
Auch in einem neuen Internetvideo sagen die Extremisten den USA den Kampf an.
US-Heimatschutzminister Jeh Johnson warnte eindringlich vor der wachsenden Terrorgefahr. Auch wenn es derzeit noch keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gebe, sei IS eine „unglaublich gefährliche Organisation“, sagte Johnson bei einer Anhörung im Kongress nach seiner vorab veröffentlichten Stellungnahme.
Die Terrormiliz drohte den USA in einem neuen Video unverhohlen mit Widerstand im Irak. Der im Internet verbreitete Film trägt den Titel „Flammen des Krieges“ und zeigt unter anderem US-Soldaten.
„Wenn wir den Kampf gegen sie nicht in Übersee aufnehmen, riskieren wir, sie hier zu Hause bekämpfen zu müssen“, sagte Mike McCaul, Vorsitzender im Heimatschutz-Ausschuss des Abgeordnetenhauses, der Johnson und FBI-Direktor James Comey geladen hatte. Die Luftschläge im Irak müssten auf das benachbarte Syrien ausgeweitet werden, um „der Schlange den Kopf abzuschneiden“. Alle Mittel müssten in Betracht gezogen werden, um IS zu zerstören.
Mit 30 bis 40 Angriffen pro Monat im Irak und Syrien und mehr als 20 000 Kämpfern sei IS zu einer äußerst bedrohlichen Armee von Aufständischen und einer Terrororganisation herangewachsen, warnte Johnson. Durch illegale Ölverkäufe, Forderungen von Lösegeld und anderen Geschäften käme IS auf Einnahmen von bis zu einer Million Dollar (771 700 Euro) täglich.
Große Sorge bereitet den USA weiterhin der Strom ausländischer Kämpfer. In den vergangenen drei Jahren seien mehr als 15 000 solcher Kämpfer nach Syrien gereist, darunter rund 2000 Menschen aus westlichen Ländern und rund 100 Amerikaner, sagte Johnson. Sein Ministerium habe die Kontrollen an 25 ausländischen Flughäfen seit Juli deshalb verschärft. Die Sicherheit im Flugverkehr sei weiterhin der wunde Punkt der Terrorabwehr. FBI-Direktor Comey sagte, seine Behörde arbeite mit Hochdruck daran, Verdächtige zu fassen.
In dem IS-Internetvideo sind Bilder von Extremisten zu sehen, die Panzer beschießen und zerstören. Der Film zeigt zudem US-Soldaten, unter anderem wie sie einen Verwundeten wegtragen. Auch US-Präsident Barack Obama wird eingeblendet. Er sagt in einem Ausschnitt, US-Kampftruppen würden nicht in den Irak zurückkehren. Das Video wird als „Trailer“ bezeichnet - mit solchen Kurzfilmen wird normalerweise Werbung für neue Kinofilme gemacht. Das 52 Sekunden lange Video endet mit der Einblendung „Der Kampf hat erst begonnen“.
Obama besuchte am Mittwoch das Zentralkommando in Tampa (Florida), das unter anderem den Militäreinsatz im Irak und die geplanten Angriffe in Syrien koordiniert. Sein Außenminister John Kerry sollte dem Auswärtigen Ausschusses des Senats am Mittwoch zudem die Strategie für den Kampf gegen die Dschihadisten erläutern.
US-Generalstabschef Martin Dempsey hatte am Dienstag bei einer Anhörung im Streitkräfteausschuss des Senats die Entsendung von Kampftruppen in den Irak nicht mehr ausgeschlossen. Obama hat sich dagegen wiederholt kategorisch gegen einen solchen Einsatz ausgesprochen. Mehr als acht Jahre nach dem Einmarsch hatte er Ende 2011 die letzten Kampftruppen aus dem Irak abgezogen.
Im Irak sind derzeit rund 1500 US-Soldaten stationiert. Darunter sind etwa 750, die für die Sicherheit diplomatischer Einrichtungen in der Hauptstadt Bagdad zuständig sind. Zahlreiche weitere beraten das irakische Militär. Diese Soldaten gelten nicht als Kampftruppen.
Bei Luftangriffen der irakischen Armee kamen unterdessen nach Angaben des irakischen Militärs mehr als 50 IS-Kämpfer ums Leben. 28 Extremisten starben demnach, als irakische Jets ein IS-Lager rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad bombardierten. In der Stadt Al-Duluija etwa 100 Kilometer nördlich von Bagdad wurden 26 IS-Kämpfer getötet. Unter den Opfern sei auch ein Verantwortlicher für ein IS-Massaker im Juni, hieß es. Damals hatten die Extremisten mehrere Hundert irakische Soldaten getötet.
Am Montag hatten sich mehr als 20 Staaten bei einer Konferenz in Paris auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die IS-Terrormiliz geeinigt. Zu den US-Verbündeten zählen auch zehn arabische Länder. Die überregionale arabische Tageszeitung „Al-Sharq al-Awsat“ berichtete am Dienstag, mehrere arabische Staaten hätten angeboten, sich an Luftangriffen gegen die Extremisten zu beteiligen. Das Blatt zitiert dabei einen hohen Verantwortlichen aus dem US-Außenministerium.
Die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat kontrolliert im Norden und Westen des Iraks riesige Gebiete. Auch im Nachbarland Syrien beherrscht sie große Regionen. In beiden Ländern geht sie brutal gegen Gegner und Andersgläubige vor. Für den IS kämpfen nach Schätzungen des US-Geheimdienstes zwischen 20 000 und 31 500 Menschen. Obama will die Organisation zerstören.