Von der Leyen: Schneller Abzug aus Afghanistan war Fehler
Masar-i-Scharif (dpa) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat Fehler der Nato beim Abzug aus Afghanistan eingeräumt und die Bundeswehr auf einen noch Jahre andauernden Einsatz in dem Land eingestimmt.
Allerdings müsse die afghanische Regierung im Gegenzug für politische Reformen und die Wiederbelebung der Friedensbemühungen mit den radikalislamischen Taliban sorgen, sagte sie bei einem Truppenbesuch im nordafghanischen Masar-i-Scharif. „Man kann sich auf uns verlassen, aber das ist kein Blankoscheck.“
Die Nato hatte erst am vergangenen Dienstag nach langem Hin und Her abschließend entschieden, den Truppenabzug aus Afghanistan wegen der angespannten Sicherheitslage zu stoppen. Jetzt sollen 12 000 Soldaten für den Ausbildungseinsatz „Resolute Support“ (Entschlossene Unterstützung) im Land bleiben. Die Bundeswehr stockt ihre Truppe sogar von 850 auf bis zu 980 Soldaten auf. Ursprünglich war für 2016 eine deutliche Truppenreduzierung und der Rückzug in die Hauptstadt Kabul geplant.
„Ich glaube, dass wir mit mehr Geduld und mehr Bedacht und langsamer vorgehen müssen“, sagte von der Leyen. „Ich glaube, wir müssen nicht in Monaten denken, wenn wir über „Resolute Support Mission“ sprechen, sondern eher in Jahren.“
Nach Ansicht von der Leyens hat sich die Nato mit ihren Abzugsplänen verschätzt. „Wir haben einfach zu schnell zu ehrgeizig den Rückzug der internationalen Gemeinschaft aus Afghanistan geplant“, sagte sie dem ZDF. Das sei das „falsche Signal“ an die Taliban gewesen.
Die radikalislamischen Aufständischen hatten vor allem mit der vorübergehenden Eroberung der Provinzhauptstadt Kundus im September für Aufsehen gesorgt. Dort hatte die Bundeswehr bis September die Sicherheitsverantwortung.
„Die Taliban haben im Jahr 2015 alles versucht, um die afghanische Regierung und die afghanische Armee in die Knie zu zwingen“, sagte von der Leyen. Nach ihren Vorstellungen sollen die internationalen Truppen nun in Afghanistan bleiben, bis die Sicherheitslage sich nachhaltig verbessert hat. In der Provinz Kundus ist sie vor allem im ländlichen Raums weiterhin teilweise unkontrollierbar. Die Gegenoffensive der afghanischen Armee gegen die Taliban hält an.
Die Truppenbesuche von Verteidigungsministern kurz vor Weihnachten haben Tradition. Von der Leyen ist zum vierten Mal innerhalb von zwei Jahren in Afghanistan.
Sie sah sich am Montag auch ein Camp der afghanischen Streitkräfte an. Der Kampfeinsatz der Nato ist seit einem Jahr beendet. Seitdem beschränkt sich die internationale Truppe auf die Ausbildung und Beratung der afghanischen Soldaten.