Westerwelle mahnt Karsai zu demokratischen Fortschritten

Kabul/Islamabad (dpa) - Außenminister Guido Westerwelle hat von Afghanistans Präsident Hamid Karsai mehr demokratische Fortschritte verlangt. Bei einem Kurzbesuch in Kabul mahnte Westerwelle am Samstag insbesondere einen härteren Kampf gegen die weit verbreitete Korruption sowie faire und freie Präsidentenwahlen im April 2014 an.

Karsai selbst darf dann nicht mehr kandidieren. Der 55-Jährige ist praktisch seit dem Sturz des islamistischen Taliban-Regimes 2001 Staatsoberhaupt.

Anschließend reiste Westerwelle ins Nachbarland Pakistan weiter.
Dort traf er am Nachmittag als erster westlicher Außenminister den neuen Premierminister Nawaz Sharif, der erst diese Woche vereidigt wurde. Auch dabei spielte die Entwicklung in Afghanistan eine wichtige Rolle. Das Grenzgebiet zwischen beiden Ländern ist wichtigster Rückzugsraum der Taliban.

In Kabul bekräftigte Westerwelle die Pläne, die Kampftruppen der Bundeswehr zusammen mit den anderen internationalen Einheiten bis Ende 2014 abzuziehen. Wörtlich sagte er: „Die Lage Afghanistan ist unverändert sehr schwierig. Dennoch ist es notwendig, dass der Abzug unserer Kampftruppen planmäßig vorangeht.“ Nach 2014 will die Bundesregierung nur noch 600 bis 800 Soldaten in Afghanistan stationiert lassen. Dafür muss sie sich mit der Regierung in Kabul aber noch auf ein Truppenstatut einigen.

Derzeit hat die Bundeswehr noch mehr als 4200 Soldaten im Land. Vor einem Monat war ein weiterer deutscher Soldat getötet worden. Insgesamt starben bei dem Einsatz bereits 54 Angehörige der Bundeswehr. Auf den Vorwurf, die Bundesregierung rede sich die Lage in Afghanistan schön, entgegnete Westerwelle: „Da macht sich niemand etwas vor. Das ist noch sehr schwierig.“ Es werde auch noch „weitere Rückschläge“ geben.

Der Minister war am Vormittag mit einer Militärmaschine der Bundeswehr auf dem Flughafen von Kabul gelandet. Aus Sicherheitsgründen wurde der Besuch bis zur Ankunft geheim gehalten.
Dies ist bei Afghanistan-Reisen üblich.

Im Gespräch mit Karsai stellte der FDP-Politiker über 2014 hinaus weitere deutsche Unterstützung in Aussicht. „Wir werden Afghanistan nicht vergessen“, bekräftigte Westerwelle. Der Wiederaufbau soll aus Deutschland mit bis zu 580 Millionen Euro pro Jahr unterstützt werden. Bei einem Besuch in Masar-i-Scharif, wo sich das größte deutsche Feldlager befindet, will Westerwelle am Sonntag auch ein neues deutsches Generalkonsulat eröffnen.

Der Außenminister ist seit annähernd einem Jahr das erste Mitglied der Bundesregierung, das bei Karsai zu Besuch war. Seit einiger Zeit geht der Westen zunehmend auf Distanz zum Präsidenten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei ihren beiden jüngsten Afghanistan-Besuchen - zuletzt im Mai - auf ein Treffen verzichtet. Im Widerspruch zu früheren Äußerungen aus Kabul behauptete der afghanische Außenminister Zalmai Rassoul nun, seine Regierung sei über Merkels Besuch vorab informiert gewesen. Der enge Zeitplan habe jedoch kein Treffen erlaubt.