Analyse Bedingungsloses Grundeinkommen für alle — warum die Idee wenig taugt
1000 Euro, ohne Bedingungen und Monat für Monat. Das klingt toll, lässt sich aber nicht finanzieren und schafft den Sozialstaat ab - eine Analyse.
Düsseldorf. Die Idee ist faszinierend, und sie hat viele Anhänger: Wir brauchen ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle, weil die Digitalisierung uns die Arbeitsplätze wegnimmt. Maschinen ersetzen Menschen. Millionenfach. Aber trifft das wirklich zu? Und ist das Grundeinkommen für alle die richtige Strategie?
Der US-Elektroauto-Pionier Elon Musk (Tesla) sieht das so, ebenso wie Siemens-Chef Joe Kaeser und Götz Werner, Gründer der Drogeriekette dm. An ihrer Seite stehen aber auch Kapitalismuskritiker wie Katja Kipping von der Linkpartei oder der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis.
Sie alle fordern das garantierte, bedingungslose Grundeinkommen für jeden. Menschen sollten auf einer sicheren finanziellen Basis ihre Talente frei entfalten können, ohne dass ein bevormundender Staat sie kontrolliert. Niemand müsste sich mehr als Bittsteller fühlen, niemand müsste eine schlecht bezahlte, sinnentleerte Arbeit annehmen, um sein Dasein zu sichern.
Was wie der Übergang ins Paradies klingt, hat in Wahrheit viele Macken. Wo sie liegen, sagt zum Beispiel Christoph Butterwegge, emeritierter Politikprofessor aus Köln und einer der profiliertesten Köpfe des linken Spektrums hierzulande. Er hält nichts vom bedingungslosen Grundeinkommen. „1000 Euro pro Kopf und Monat lassen sich nur bezahlen, wenn sämtliche anderen Sozialleistungen wegfallen.“ Butterwegge spricht von einer „Stilllegungsprämie für Millionen Menschen“.
Tatsächlich ist völlig offen, was beim Grundeinkommen für alle aus Rente und Krankenversicherung, aus Arbeitslosen- und Pflegeversicherung wird. Unklar ist auch, ob die Solidargemeinschaft wie bisher die hohen Kosten bei schweren Krankheiten oder nach Unfällen übernimmt oder ob jeder selbst dafür aufkommen muss.
Von den größeren Parteien steht im Wahlkampf nur die Linke hinter der Idee vom Grundeinkommen. 1080 Euro im Monat für jeden — so die Forderung. Macht etwa eine Billion Euro im Jahr. Diffus bleibt die Finanzierung. Steuervorteile sollen wegfallen, heißt es lapidar. Auch die anderen Befürworter des Konzeptes bewegen sich im Ungefähren, wenn es darum geht, wer das Ganze eigentlich bezahlen soll.
Sehr klar ist dagegen, warum so viele Firmenchefs Gefallen am Grundeinkommen finden. Gäbe es den Staatslohn für alle, wäre es deutlich einfacher, sich von Mitarbeitern zu trennen. Kein Problem, sie fallen ja weich. Das Grundeinkommen für alle könnte zudem dazu führen, dass sich die Unternehmen aus der Verantwortung für die Qualifikation und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter stehlen, weil die rasche Trennung so bequem ist.
Der vielleicht wichtigste Einwand gegen das Grundeinkommen für alle ist aber ganz anderer Natur. Das Modell könnte an der ökonomischen Realität zerschellen, weil in der schönen neuen Welt nicht mehr genug Geld unterwegs ist. Was nutzen die vielen Apps zum Shoppen, Reisen und Essengehen, deren Geschäftsmodell auf den Daten der Werbekunden basiert, wenn die potenziellen Nutzer sich nichts mehr leisten können? Eine Gesellschaft, die auf Konsum aufbaut, braucht zahlungskräftige Konsumenten. Und ob die Menschen jenseits des Grundeinkommens noch viel Geld verdienen können und wollen, ist doch eher zweifelhaft.