Berlusconi hat Appetit auf Politik
Umstrittener Ex-Regierungschef bastelt an seiner Rückkehr.
Rom. Politisch Totgesagte leben länger. Mitte November 2011 musste Silvio Berlusconi den römischen Regierungspalast Chigi räumen. Staatschef Giorgio Napolitano setzte den früheren EU-Kommissar Mario Monti als „Retter Italiens“ in der Finanz- und Schuldenkrise ein. Für den „Cavaliere“, inzwischen 75 Jahre alt, schien die dritte Regierung Berlusconi endgültig die letzte gewesen zu sein.
Nun aber könnte der umstrittene Mailänder wie ein Stehaufmännchen doch noch ein Comeback versuchen. Die erste Kundgebung des erneuten Kandidaten Berlusconi vor den Parlamentswahlen steht zwar noch aus. Doch er weiß bereits, wie er frischen Wind in seine angeschlagene Partei PdL (Volk der Freiheit) bringen will: neuer Name und neues Symbol.
Berlusconi möchte den Drachen steigen lassen, in den italienischen Nationalfarben. Mit diesem Logo könnte er mit seinem Lager in die Parlamentswahlen im Frühjahr 2013 gehen. Berlusconi müsste dann beweisen, dass richtig liegt, wer in der Vergangenheit immer wieder davor gewarnt hat, seine Energie und Hartnäckigkeit zu unterschätzen. Eigentlich sollte sein „Kronprinz“ Angelino Alfano sein, wenn 2013 das Technokratenkabinett Mario Montis abtreten wird. Doch Berlusconis derzeitige Partei „Volk der Freiheit“ sackte in den Umfragen dermaßen in den Keller, dass es nur einen möglichen Rettungsanker zu geben scheint. Eben Berlusconi.
Monti reformiert das hoch verschuldete Italien, er versucht Dämme gegen die Angriffe der skeptischen Finanzmärkte zu bauen, und er will die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone somit aus der Rezession bringen. „Ich werde nie einen Wahlkampf gegen Monti führen“, soll Berlusconi gesagt haben. Also könnte der parteilose Professor Monti unter Druck geraten, auch nach den Parlamentswahlen weiterzumachen — um eine Neuauflage der Regierung Berlusconi zu verhindern. Bislang winkt Monti ab. Immerhin ist der Reformberg so hoch, dass der Professor kaum alles bis 2013 schaffen kann.
Die Gegner Berlusconis holen in Brüssel und europäischen Hauptstädten bereits entsetzte Reaktionen ein. Tenor: Seine Rückkehr ist eine Gefahr, er wird alles ruinieren, was Monti macht. Doch auch der „Cavaliere“ geht in ausländischen Medien in die Offensive, gibt Interviews — durchaus auch mit Deutschland-kritischen Akzenten. Das ist schon wieder der alte Silvio Berlusconi. Seine Partei könnte er zurückbenennen in „Forza Italia“. Unter dem Namen war er vor bald zwei Jahrzehnten erfolgreich aus der Wirtschaft in die Politik umgesattelt. „Restylingaktion“, so nannte der Mailänder „Corriere della Sera“ die Wiederauferstehung.
Derweil meinen in einer Umfrage 55 Prozent der Italiener, das Ende der Berlusconi-Regierung 2011 sei das positivste Ereignis für Italien in 30 Jahren gewesen. Auch in seiner Partei PdL gibt es Widerstände gegen seinen Neuanfang. Doch Berlusconi macht es spannend, erklärt sich nicht offiziell.