Britisches Oberhaus: Baroninnen und Lords dürfen weiterhin mitbestimmen

Konservativ-liberale Regierung wollte, dass Baroninnen und Lords künftig demokratisch gewählt werden.

London. Revolution abgeschmettert: Das britische Oberhaus ist am Donnerstag knapp seiner Modernisierung entkommen. Damit dürfen Baroninnen und Lords auch in Zukunft über Regierungsgeschicke entscheiden, ohne sich zur Wahl stellen zu müssen.

Es war die erste große Niederlage der Regierung im Unterhaus: Die Mehrheit der Abgeordneten widersetzte sich dem Zeitplan für Oberhaus-Reformen. In zehn Tagen sollten sie verabschiedet werden, nun ist der Tag bis auf weiteres verschoben worden. Das Veto in der kleinen Formalienfrage bedeutet das Aus für diesen historischen Vorstoß.

Dabei sah der Reformanlauf der konservativ-liberalen Regierung erfolgversprechend aus: Premier David Cameron wollte das Projekt „moderieren“, für den liberalen Vize-Chef Nick Clegg war die Einführung von Wahlen im Oberhaus Herzstück seiner Politik. Alle Parteien hatten sich in ihren Wahlprogrammen 2010 dazu verpflichtet, die Institution aus dem 14. Jahrhundert der politischen Gegenwart anzupassen.

„Zurzeit sind wir eines von zwei Ländern dieser Erde — Lesotho ist das andere —, das seine Oberhaus-Mitglieder nicht demokratisch, sondern über Geburtsrecht und Begünstigungen rekrutiert“, sagte Clegg. Unter tumultartigen Szenen im Unterhaus bezeichnete er die traditionsreiche Schwesternkammer als „zutiefst fehlerhafte Institution“.

Von 826 Sitzen auf 450 Sitze sollte das „House of Lords“ verkleinert werden. Nur 20 Prozent der Mitglieder hätten ernannt werden dürfen. Der Rest sollte sich ab 2015 über das Verhältniswahlrecht einen Platz verdienen. Zurzeit werden die Anrechte vererbt oder durch Parteivorsitzende fürs Leben verliehen.

Doch die Reform verschwindet in der Mottenkiste. Bis zu 100 konservative Unterhaus-Abgeordnete kündigten an, gegen die Regierungspläne stimmen zu wollen; etliche Labour-Delegierte taten es ihnen gleich.