Lehrer vs. Schüler Buchvorstellung: Was Lehrer alles dürfen

Jede Lücke im System Schule nutzt der Schüler von heute aus — so ein gängiges Urteil von Lehrern. Wie sich das Personal an Schulen dagegen rechtskonform wehren kann, zeigt ein neues Buch.

Foto: Kupfer/mvgverlag

Düsseldorf. Einen leichten Job haben Lehrer ganz sicher nicht. Das ist auch zum Start des neuen Schuljahres in der kommenden Woche annähernd Konsens in der Gesellschaft. Vor allem, weil sich der Lehrer bei der Vielzahl seiner Entscheidungen viel zu oft nicht sicher ist (oder sein kann), welche seiner Maßnahmen in Ordnung ist und wann auch juristisch eine Grenze überschritten sein könnte.

In dem Buch „Nein, Du gehst jetzt nicht aufs Klo - was Lehrer dürfen“ gibt der Autor und Schulrechtsexperte Thomas Böhm viele Hinweise an das pädagogische Personal, wie das Schulrecht, das hierzulande besagt, was Lehrer, Schüler und Eltern dürfen oder eben nicht dürfen, in bestimmten Fragen entscheidet. Einige Beispiele:

Ein Schüler, dessen Eltern Zeugen Jehovas sind, wollten ihren Sohn davon befreien lassen, sich den Film „Krabat“ von Ottfried Preußler ansehen zu müssen — wegen religiöser Bedenken. Darauf hat das Bundesverwaltungsericht entschieden, Schüler hätten keinen Anspruch auf eine von ihnen für besser gehaltene Unterrichtsgestaltung, da es keinen Rechtsanspruch auf einen „guten“ Lehrer gebe. Allein „rechtmäßiges Handeln“ sei einzufordern.

Die Zuweisung eines Sitzplatzes ist eine Maßnahme der innerschulischen Organisation, gegen die weder Widerspruch noch Klage erhoben werden kann. Unzufriedenen bleibt nur eine Beschwerde.

Die Meinung vieler Schüler lautet, jeder habe jederzeit das Recht, während des laufenden Unterrichts zur Toilette zu gehen. Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es aber in keinem einzigen Bundesland, deshalb ist nur eine kurzzeitige Befreiung durch den Lehrer oder die Schulleitung möglich. Es gilt: Gesunden Schülern sollte es möglich sein, für 45 oder 90 Minuten auf den Toilettengang zu verzichten. Fälle etwa mit Blasenentzündungen müssen ein Attest vorweisen. Für eine individuelle Entscheidung des Lehrers ist das in der Entscheidungssituation vorhersehbare Ergebnis ausschlaggebend. Wenn ein Schüler sich einnässt, weil der Lehrer ihn gebeten hatte, noch zehn Minuten bis zum Ende der Stunde zu warten, kann der Lehrer demnach trotzdem rechtmäßig entschieden haben.

Schüler dürfen im Unterricht essen und trinken, wenn Lehrer dies gestatten. Ein Verbot ist aber rechtmäßig, da beide Aktivitäten nicht zum Lernerfolg beitragen, sondern eher ablenken. Auch, so heißt es bei Böhm, weil die Mitschüler zu unfreiwilligen Gästen im Klassenzimmerrestaurant würden.

Der Lehrer darf einen zu freizügig gekleideten Schüler auffordern, sich sofort aus Beständen der Schule anders anzuziehen, wenn er die Kleidung für zu freizügig hält — auch wenn die Eltern damit einverstanden waren. Der Grund: Die Schule hat einen eigenständigen Erziehungsauftrag — neben den Eltern.

Auch die ist dem Lehrer erlaubt. Ein Rechtsanspruch des Schülers auf Pause entstünde erst, wenn eine Gesundheitsgefährdung durch lange Unterrichtstage ohne Pause zu befürchten wäre. Die Klingel ist nur organisatorisches Hilfsmittel, der geplante Ablauf kann hinter den Bildungsauftrag zurücktreten.

Schüler können von der Schulhofpause ausgeschlossen werden. Sie können auch in der Pause von den Lehrern auf den Schulhof geschickt werden. Rechtswidrig wäre eine solche Anordnung nur bei einer offensichtlichen Gefahr für alle Schüler, etwa durch einen total vereisten Schulhof.

Die Dauer der Konfiszierung eines Smartphones wird durch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit begrenzt, zum anderen durch die Gesetze: Die gestatten eine „zeitweise“ oder „vorübergehende“ Wegnahme von Gegenständen für erzieherisches Einwirken.

Hausaufgaben dürfen nach den Vorschriften zahlreicher Bundesländer in der Grundschule und der Sekundarstufe 1 in der Regel nicht benotet werden. Nichts allerdings hindert den Lehrer daran, Inhalte der Hausaufgabe mündlich oder schriftlich abzufragen und die Antworten zu benoten.

Behauptet etwa ein Schüler, ein Mitschüler habe eine Waffe oder Drogen in seiner Schultasche versteckt, darf der betroffene Schüler zwar seine Zustimmung zur Durchsuchung verweigern. Aber: Der Lehrer kann die Tasche konfiszieren, die Eltern oder die Polizei auffordern, zur Schule zu kommen und mit denen die Inhalte zu prüfen. Viele Schüler werden den genannten Möglichkeiten das eigenhändige Ausleeren der Tasche vor den Augen des Lehrers vorziehen.

Diese und mehr Beispiele finden Sie in dem Buch von Thomas Böhm, der selbst Lehrer und Experte für Schulrecht ist: „Nein, Du gehts jetzt nicht aufs Klo — Was Lehrer dürfen“, mvgverlag, 191 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.