Bundesbank zieht Notbremse: Thilo Sarrazin soll gehen
Das Votum ist einstimmig. Die endgültige Entscheidung trifft allerdings der Bundespräsident.
Frankfurt. In einem bisher beispiellosen Schritt will sich die Bundesbank von Thilo Sarrazin (65) trennen. Die Spitze der Zentralbank beantragte am Donnerstag bei Bundespräsident Christian Wulff die Entlassung ihres umstrittenen Vorstandsmitgliedes. Das Staatsoberhaupt kündigte an, den Antrag zu prüfen. "Bis zum Abschluss der Prüfung kann der Bundespräsident nicht Stellung nehmen", teilte das Präsidialamt in Berlin mit.
Die Bundesbank zog nach tagelanger Debatte Konsequenzen aus den heftig kritisierten Äußerungen des SPD-Mitglieds und früheren Berliner Finanzsenators über muslimische Zuwanderer. Für Empörung hatte Sarrazin auch mit der Aussage gesorgt, alle Juden teilten ein bestimmtes Gen. Ihm wird vorgeworfen, mit seinen Thesen das Ansehen der Bundesbank beschädigt und gegen die Pflicht zur Zurückhaltung eines Vorstandes verstoßen zu haben.
Das Votum des Vorstandes fiel in Abwesenheit Sarrazins einstimmig aus. Der Vorgang ist ohne Beispiel in der Geschichte der Bundesbank, deren Vorstand unabhängig agiert. Zwar werden die sechs Mitglieder von Bund und Ländern berufen. Sie können aber von diesen nicht mehr entlassen werden. Das Recht der Abberufung einzelner Mitglieder steht - auf Antrag des Bundesbankvorstands - dem Bundespräsidenten zu.
Ein Schlussstrich ist im "Fall Sarrazin" damit also noch nicht gezogen. Offen ist, ob die Bundesregierung eingeschaltet werden muss. Die abschließende Entscheidung des Staatsoberhaupts werde sicher nicht kurzfristig erfolgen, hieß es.
Einen Rauswurf bei der Bundesbank gab es noch nie: Zuletzt war Bundesbank-Chef Ernst Welteke 2004 nach einer Spesen-Affäre zurückgetreten. Red