Der Pflege-Tüv steht in der Kritik
Ersatzkassen und Hospiz-Stiftung plädieren für Änderungen.
Berlin. Die Deutsche Hospiz-Stiftung und gesetzliche Krankenkassen haben Nachbesserungen bei den Pflege-Noten für Heime und ambulante Pflegedienste gefordert.
Mit dem vor mehr als einem Jahr eingeführten Pflege-Tüv sei zwar grundsätzlich eine gute Basis gelegt worden, erklärte der Vorstandschef des Ersatzkassen-Verbandes (vdek), Thomas Ballast, am Donnerstag in Berlin. Im Sinne der Pflegebedürftigen müsse es künftig aber eine deutlichere Gewichtung besonders relevanter Bereiche wie zum Beispiel der Wundversorgung kommen. Diese Risikokriterien müssten sich auch in der Gesamtnote niederschlagen. Der Ersatzkassenverband vertritt unter anderem DAK, Barmer GEK und Techniker Krankenkasse (TK).
Die Hospiz-Stiftung forderte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf, den beteiligten Pflegediensten und den Krankenkassen eine Frist bis Oktober für die Verbesserung ihrer Qualitätskriterien zu setzen. Der geschäftsführende Vorstand, Eugen Brysch, bezeichnete die bisherigen Bewertungskriterien als "System zur Verschleierung der Pflegedefizite".
Gravierende Mängel zum Beispiel bei der schmerztherapeutischen Versorgung könnten durch gute Noten in anderen Bereichen ausgeglichen werden. "Diese Weichspüler-Kriterien müssen endlich weg", forderte Brysch. Der Münchner Pflegeexperte Claus Fussek zweifelt am Erfolg des Pflege-Tüv. Die Bilanz sehe ernüchternd aus. Die ganze Pflegelandschaft erhalte überwiegend gute und sehr gute Noten. Mit dem, was aus den Heimen bekannt sei, habe das nichts zu tun.
Die Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste werden seit vergangenem Juli nach neuen Vorgaben geprüft. Dabei werden Noten ähnlich den Schulnoten vergeben. Die Pflegequalität soll damit transparenter werden. Kritiker beklagen seit längerem, dass die tatsächliche Qualität der Heime durch das Benotungssystem verschleiert wird.
Nach Angaben von Ballast haben bislang bundesweit etwa 214Pflegeeinrichtungen vor Sozialgerichten gegen die Veröffentlichung von Pflegenoten im Internet geklagt. Bei insgesamt 10832geprüften Einrichtungen seien dies knapp zwei Prozent. Insgesamt wertete der Verbandschef den bundesweiten Notendurchschnitt von derzeit 1,9 bei stationären und 2,1 bei ambulanten Pflegeeinrichtungen als Indiz dafür, dass in der Regel offenbar gute Pflege geleistet werde. Allerdings dürfe dies nicht darüber hinwegtäuschen, "dass es auch in Einzelbereichen noch deutliche Defizite geben kann". AFP