Bundestagswahlkampf Die Strategien der Wahlkämpfer verhindern Inhalte

Meinung · Der Wahlkampf ist auch zwei Wochen vor dem Wahltag ein kurioser.

Der Wahlkampf ist auch zwei Wochen vor dem Wahltag ein kurioser.

Foto: dpa/Soeren Stache

Es bleibt ein kurioser Wahlkampf: Die Union wechselt mitten im Ritt die Pferde und wechselt von einem ruhigen Trab ohne größeren Inhaltsaufwand auf eine ganz neue Strategie, setzt auf Angriff, Team statt Kopf und mehr inhaltliche Nachschärfung.

Die SPD zählt allein auf ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz und dessen Fähigkeit, mindestens beim eigenen Auftritt weitgehend fehlerlos durch den Wahlkampf zu joggen. Und bügelt nebenher nur noch über die Auftritte der anderen, wie sie das am Wochenende getan hat, als man Armin Laschets Rede auf dem CSU-Parteitag im sozialdemokratischen Lager „Geschichtsvergessenheit“ attestierte.

Die Grünen bleiben weitgehend bei sich und ihren ökologisch geprägten Inhalten, müssen aber über die Umfragen zur Kenntnis nehmen, dass das womöglich zu wenig verfängt und der rechte Haken dann eben doch zu einem Wahlkampf gehört, der Wählerinnen und Wähler jenseits der Stammwählerschaft für sich gewinnen will.

Und die FDP? Die versucht den Spagat zu schaffen, einer schwächelnden Union für eine erwünschte Kenia-Koalition auf die Beine zu helfen, ohne dabei die eigenen liberalen Wähler zur Aufbauhilfe an eben jene Konservativen zu verlieren. Ansonsten verhalten sich auch die Liberalen leise – offenbar in der Erkenntnis, dass just immer der am meisten einstecken muss, der sich mit Inhalt, Spruch oder Angriff nach vorne wagt.

Im Interview mit unserer Zeitung spricht der ehemalige Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) von einer Depolitisierung des Wahlkampfs (siehe Tagesthemen) – und hat Recht damit. Vor allem, weil der Streit über jene inhaltliche Politik, die bei manchem als „Zukunftsjahrzehnt“ firmiert und sich vor allem um Wohnen, Lernen, Digitalisieren, Arbeit, Verkehr und Rente organisieren, Europa zusammenhalten und das Klima retten dreht, nach wie vor kaum geführt wird. Dazu bleiben jetzt noch zwei Wochen Zeit. Besonders zuversichtlich muss man nicht sein, dass diese zwei Wochen genutzt werden.