CIA-Chef Petraeus zurückgetreten: FBI deckte Affäre auf
Washington (dpa) - Er galt als Vorbild für Redlichkeit und Tapferkeit: Der hoch dekorierte ehemalige US-General David Petraeus ist nach nur gut einem Jahr als Chef des Geheimdienstes CIA völlig überraschend zurückgetreten.
Als Grund nannte der 60-Jährige eine außereheliche Affäre.
Präsident Barack Obama würdigte in einer Erklärung die langjährigen Verdienste von Petraeus und nahm dessen Rücktrittsbitte an. Nach Zeitungsberichten vom Samstag deckte die Bundespolizei FBI die Affäre auf. Bei der Liebhaberin habe es sich um Petraeus' Biografin gehandelt. Die Skandal um den Vier-Sterne-General ließ in Washington Spekulationen hochkochen.
Experten werteten das Ausscheiden von Petraeus so kurz nach Obamas Wiederwahl als schweren Schlag für den Präsidenten. Petraeus galt als Hauptakteur der Regierung im Anti-Terror-Kampf, bei dem die CIA eine zunehmend aktive Rolle eingenommen hat. Kommissarischer Chef des Geheimdienstes ist nun Petraeus' bisheriger Stellvertreter Michael Morell.
Der frühere Oberbefehlshaber im Irak und in Afghanistan teilte in einem Schreiben an seine Mitarbeiter mit, er habe um seine Demission gebeten. „Nach über 37 Ehejahren habe ich ein extrem schlechtes Urteilsvermögen gezeigt, indem ich eine außereheliche Beziehung unterhielt“, schrieb Petraeus. „Ein solches Verhalten ist nicht zu rechtfertigen, weder als Ehemann noch als der Leiter einer Organisation wie unserer.“
In US-Medien hieß es, das FBI habe vor einigen Monaten das private E-Mail-Konto von Petraeus überprüft, da es Hinweise darauf gegeben habe, dass sich jemand unberechtigten Zugang verschaffen wollte. Dabei seien die Ermittler auf Beweise über eine außereheliche Affäre des Ex-Militärs mit seiner Biografin Paula Broadwell und auf „andere Sicherheitsbedenken“ gestoßen, berichtete die „New York Times“.
Das Weiße Haus sei in dieser Woche über die FBI-Untersuchung unterrichtet worden. Obama habe schließlich nach einem persönlichen Gespräch mit Petraeus am Donnerstag entscheiden, das Rücktrittsgesuch anzunehmen.
Am Samstag wurden immer mehr Details über die Affäre bekannt. Sie begann nach Informationen des „Wall Steet Journal“, nachdem Petraeus im August 2011 aus der Armee ausgeschieden war. Sie sei seit einigen Monaten wieder vorbei. Broadwell, die verheiratet und Mutter von zwei Kindern sei, habe während ihrer Recherche für ein Buch über Petraeus viel Zeit mit ihm verbracht. Sie war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Ihre Homepage im Internet wurde am Freitag abgeschaltet.
Politische Gründe für den Rücktritt wurden zunächst weitgehend ausgeschlossen. Der CIA war im Zusammenhang mit der Ermordung des US-Botschafters in Libyen eine falsche Informationspolitik vorgeworfen worden. Die Geheimdienst-Expertin der Demokraten, Dianne Feinstein, schloss aber politische Hintergründe für Petraeus' Schritt aus. Der Streit um fehlerhafte CIA-Informationen über die Ermordung des US-Botschafters in der libyschen Stadt Bengasi habe damit nichts zu tun, sagte die Vorsitzende des Geheimdienst-Ausschusses.
Nach dem Anschlag auf das US-Konsulat in Bengasi hatte die CIA Obama tagelang versichert, die Attacke sei aus einer spontanen Protestaktion erwachsen. Wie sich später herausstellte, handelte es sich aber um einen geplanten Terroranschlag von islamischen Extremisten am Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001. CIA-Kreise hatten sich damit gerechtfertigt, dass ihre Angaben zum damaligen Zeitpunkt dem Kenntnisstand entsprachen.
Der Anschlag, bei dem der US-Botschafter und drei weitere Amerikaner getötet worden waren, war später zum Wahlkampfthema geworden. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney warf Obama Fehleinschätzung und Irreführung vor.
„Die Leute werden sagen, dass er (Petraeus) ein Sündenbock für Bengasi ist. Aber das ist absolut falsch“, sagte Feinstein. „Nach allem, was ich weiß, war es ein unerhörter persönlicher Fehltritt.“ Petraeus sollte in der kommenden Woche vor einem Kongressausschuss über die Vorkommnisse in Bengasi aussagen. Diese Aufgabe wird nach Medienberichten sein designierter Nachfolger Morell übernehmen.
Petraeus hatte im Irakkrieg die 101. Luftlandedivision nach Bagdad geführt und die US-Truppen im Irak befehligt. Später übernahm er das Oberkommando in Afghanistan. Seine Ernennung zum CIA-Chef im September 2011 wurde auch von den Republikanern unterstützt.
„General David Petraeus wird in einer Reihe mit Amerikas größten Kriegshelden stehen“, sagte der Senator und frühere Präsidentschaftskandidat John McCain. Der republikanische Abgeordnete Peter King bezeichnete den 60-Jährigen als einen von Amerikas herausragendsten und angesehensten Militärführern.