Der NSA-Ausschuss demonstriert Stärke
Die Opposition will den Enthüller Edward Snowden für eine Aussage nach Berlin holen.
Berlin. Edward Snowden (30) — ohne den auf Bildern stets blass und harmlos wirkenden ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter hätte die Welt wohl wenig Kenntnis von der umfassenden Datenspionage der Amerikaner in Deutschland. Den Spionage-Enthüller zur Aufklärung der skandalösen Praktiken nach Deutschland zu holen, erschien zuletzt allerdings eher als verschrobene Idee von Leuten wie dem Alt-Sponti Hans-Christian Ströbele von den Grünen. Doch nach dem Start des NSA-Untersuchungsausschusses im Bundestag am Donnerstag ist das brisante Thema neu auf dem Tisch.
Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) hatte noch einen Tag vorher betont, Snowden werde wohl nicht entscheidend weiterhelfen können. Denn Dokumente der National Security Agency (NSA) habe Snowden anscheinend nicht mehr. „Er selbst sagt, er hat kein Wissen mehr“, meinte Binninger. Doch nun, im riesigen Foyer des Paul-Löbe-Hauses des Parlaments, sagen die Obmänner Patrick Sensburg (CDU) und Christian Flisek (SPD), für sie sei Snowden durchaus als Zeuge geeignet.
Klar — es geht um weit mehr als um Snowden. Sämtliche Ausspähpraktiken, nicht nur die der USA, wollen die acht Ausschussmitglieder in den nächsten zwei Jahren aufklären — inklusive der Rolle der deutschen Dienste.
„Es ist nicht allein ein Edward-Snowden-Untersuchungsausschuss“, sagen Sensburg und Flisek. Und sie lassen auch nicht erkennen, ob er für sie als Zeuge nur in Deutschland infrage kommt. Denkbar wäre, den Mann zum Beispiel per Video zuzuschalten. Ströbele hält dagegen, in Moskau werde der Mann wohl nichts sagen, was die US-russischen Beziehungen gefährden könnnte. Und Ströbele gilt nach seinem Treffen mit Snowden als gut mit dessen Belangen vertraut.
Die Obleute von Linken und Grünen, Martina Renner und Konstantin von Notz, sind gemeinsam stark genug, Snowdens Ladung im Ausschuss zu beschließen. SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel meldete aber Zweifel an, dass Deutschland Snowden vor dem US-Geheimdienst ausreichend schützen könnte. Ströbele dagegen meint, das kriege die Regierung hin.
Doch es ist nur der augenfälligste Unterschied zwischen Koalition und Opposition im Ausschuss. Wo liegen die Akzente? Einen gemeinsamen Willen betonen alle: Sie wollen auch Zeugen aus den USA vernehmen. CDU-Mann Sensburg zeigt sich zuversichtlich, dass dies gelingt. Schließlich — so hofft Binninger — könnten die Amerikaner es als vertrauensbildende Maßnahme sehen, wenn sie zur Aufklärung in Deutschland beitragen.