Die Folgen des Daten-Urteils
Das seit 2008 geltende Gesetz zur Speicherung von Verbindungsdaten ist nichtig. Das kann auch Auswirkungen auf die EU haben, die die Regelung durchsetzte.
Karlsruhe. Die anlasslose Speicherung von Telefon-, E-Mail- und Internetverbindungen verletzt das Grundgesetz. Das befand das Verfassungsgericht. Welche Folgen hat dieses Urteil?
Es ist nichtig. Es verstößt gegen Artikel 10, konkret: das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. Provider und Telefonanbieter müssen Daten "unverzüglich" löschen.
Aus den Daten ließen sich "bis in die Intimsphäre hinreichende inhaltliche Rückschlüsse ziehen". Nach ihrer Ansicht erlauben Adressaten, Daten, Uhrzeit und Ort von Telefongesprächen "in der Kombination" und über längere Zeiträume "detaillierte Aussagen zu gesellschaftlichen oder politischen Zugehörigkeiten sowie persönlichen Vorlieben, Neigungen und Schwächen".
Interessant ist auch, dass das Gericht auch die Befindlichkeiten berücksichtigte. Das Gesetz sei geeignet, "ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann".
Ein solches Verwertungsverbot wäre nicht unlogisch und wird geprüft. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wollte sich am Dienstag nicht endgültig festlegen.
Die Vorratsdatenspeicherung ist eine EU-Vorgabe. Dazu liegt eine entsprechende Richtlinie vor, die umgesetzt werden muss. Das Urteil werde "auch auf Europa ausstrahlen", sagt Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger.
Sie konnte und wollte ihre Freude nicht verhehlen. Als Oppositionspolitikerin war sie gegen das Urteil vorgegangen.
Zur generellen Gefahrenabwehr darf der Staat nicht auf die Daten zugreifen, sondern allenfalls - eng begrenzt - bei erheblichen Straftaten. Außerdem lässt der Richterspruch dem Gesetzgeber nicht viel Spielraum, um Daten an die Geheimdienste weiterzugeben. Auch die Anforderungen an die Datensicherheit wurden heraufgesetzt.