Die Macht der Rating-Agenturen

Sie lagen mehrmals falsch und bestimmen trotzdem den Markt.

Berlin/Frankfurt. Griechenland, Portugal, Spanien - das Dominospiel hat begonnen. Miese Noten der Rating-Agenturen für die Schuldensünder schrecken die nervösen Märkte noch mehr auf. In der Finanzkrise noch heftig gescholten, lassen Standard & Poor’s und Co. längst wieder die Muskeln spielen und schicken Schockwellen um den Globus. Wieder einmal wird gefordert, die Macht der Schuldner-Bewerter zu brechen.

Es ist noch nicht einmal zwei Jahre her, als die drei Großen der Branche - Standard & Poor’s (S&P), Moody’s und Fitch - wegen krasser Fehlurteile am Pranger standen. Schrottpapiere vom US-Hypothekenmarkt erhielten reihenweise die Bestnote "AAA", was Investoren in Scharen lockte - und letztlich Milliarden verbrannte. Genauso daneben lagen die Agenturen bisweilen mit der Bewertung von Banken, die wenig später zusammenbrachen.

Wie schon auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, ist auch jetzt die Politik empört. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) etwa plädiert für eine unabhängige europäische Agentur, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte ähnliches schon im Sommer 2008. Der Ökonom Jan Pieter Krahnen hält dem entgegen: "Zu denken, dass eine europäische Rating-Agentur bessere Ergebnisse produzieren würde, ist eine große Naivität bezüglich der Funktionsweise von Kapitalmärkten." Die aktuelle Kritik an den Agenturen rühre vielmehr daher, "dass etliche Leute die Fakten nicht hören wollen".

Auch die Agenturen verstehen die Aufregung nicht. "Wir müssen unsere Meinung kundtun, auch wenn es schmerzhaft ist", sagt der Deutschland-Chef von Fitch Ratings, Jens Schmidt-Bürgel. Die Methoden seien "klar und transparent gerade im Rating von Ländern".

Kritiker bemängeln, es bleibe oft unklar, welcher Anteil der Bonitätseinstufungen (Ratings) Mathematik und was Meinung ist. Hartnäckig halten sich Vorwürfe der Parteilichkeit, weil die Agenturen bisweilen von den Unternehmen bezahlt werden, deren Kreditwürdigkeit sie beurteilen. Dagegen hat die EU allerdings vor einem halben Jahr strengere Vorgaben beschlossen. Kritiker sehen zudem ein Monopol der Agenturen ohne ausreichende Kontrolle.

Die Macht der Agenturen steht außer Frage: Dass S&P den Daumen für Griechenland (Herabstufung auf den Status BB+), Portugal (A-) und Spanien (AA) senkte, macht es für die hoch verschuldeten Staaten schwerer und teuerer, sich Geld zu besorgen. Hinzu kommt: Manche Investoren wie Versicherer oder Pensionskassen dürfen bei einer drastischen Herabstufung Anleihen des betreffenden Landes nicht mehr in ihren Depots halten.

Dominique Strauss-Kahn, Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), meint, die Agenturen sollten nicht so ernst genommen werden. Ähnlich Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er hofft auf schärfere Regeln für Rating-Agenturen, die der Bundestag kommende Woche beschließen soll. An den Noten und Urteilen der Agenturen für Euro-Länder allerdings wird dieses Gesetz nichts ändern.