Ein Jahr Bufti statt Zivi — das neue Erfolgsmodell

Bund und Hilfsdienste sind zufrieden: Es gibt mehr Bewerber als freie Stellen.

Berlin. Es läuft auch ohne Pflicht. So gut, dass das Jahreskontingent von 35 000 Plätzen bereits seit Monaten ausgeschöpft ist, und Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) jubelt: „großartige Bilanz“. Freiwilligkeit verkauft sich gut. Am 1. Juli 2010 gestartet, erlebt der Bundesfreiwilligendienst (BFD) seither einen kaum geahnten Ansturm.

Der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rudolf Seiters, spricht von einem „Achtungserfolg“. Das ist stark untertrieben, gemessen daran, dass DRK und andere Hilfsdienste doppelt so viele Bewerber einstellen könnten wie sie Stellen haben. Doch dafür fehlt das Geld. Auch deshalb appelliert Seiters an den Bundestag, 2013 die Mittel für den Freiwilligendienst aufzustocken. Der Bund fördert den BFD mit 250 Millionen Euro sowie das Freiwillige Soziale und Ökologische Jahr mit 100 Millionen Euro.

Angaben von Familienministerin Schröder zufolge haben sich im ersten Jahr 50 000 Menschen am BFD beteiligt. Was bisher über eine Dienstpflicht organisiert gewesen sei, funktioniere „jetzt fast nahtlos über Freiwilligkeit“.

Als vermeintlicher „Rohrkrepierer“ vor einem Jahr gestartet, rennen die Bewerber den Hilfsdiensten längst die Türen ein. Schröder freut sich weiter über jeden Anwärter. Über den „Schreinermeister im Ruhestand, der in die Kita geht und mit den Kindern Vogelhäuser baut“ ebenso wie über pensionierte Lehrer, die Kindern mit Migrationshintergrund bei Hausaufgaben helfen.

Und offensichtlich machen Freiwilligkeit und Dienst Spaß: Die Abbrecherquote liegt bei zehn Prozent. Doch mehr Stellen, erklärt die Ministerin, könne sie nicht schaffen, weil sie dafür kein Geld bekomme. Auch die Kommunalen Spitzenverbände ziehen eine positive Bilanz und fordern den Bund auf, den Dienst weiter auszubauen, weil die vorhandenen Stellen „bei weitem nicht mehr ausreichen“.

Da das Jahreskontingent von 35 000 Plätzen seit Monaten ausgeschöpft sei, herrsche quasi schon jetzt ein „Einstellungsstopp bis zum Jahresende“, erklärten Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag sowie Deutscher Städte- und Gemeindebund. Mehr noch: Bereits für das kommende Jahr seien 25 Prozent der BFD-Plätze der Kommunen vergeben und der Ansturm dauere unvermindert an.