Erst spät ließ Amerika den Verbündeten fallen
Während der Unruhen in Ägypten war Präsident Obama zunächst ohne Konzept. Erst am Ende wendete er sich gegen Mubarak.
Washington. Mit dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak steht die amerikanische Nahost-Politik am Scheideweg. Seit 30 Jahren nahmen fünf US-Präsidenten von Ronald Reagan bis hin zu Barack Obama Menschensrechtsverstöße und die oft brutale Unterdrückung demokratischer Reformen stillschweigend in Kauf, denn als Gegenleistung gab ihnen Mubarak etwas Wichtigeres: eine Sicherheitsgarantie für Israel. Diese aufrechtzuerhalten, ist nun das zentrale Anliegen des Weißen Hauses.
Selten hatte eine US-Regierung so konfus auf eine demokratische Revolution reagiert. Nach dem Fall der Berliner Mauer hatte Präsident George H. W. Bush postwendend mit Gratulationen an das deutsche Volk geantwortet und seine außenpolitische Mannschaft auf einen neuen Kurs in der Europa-Politik eingeschworen.
Anders die Kommunikation zu Beginn des Volksaufstands in Ägypten. US-Außenministerin Hillary Clinton reagierte zunächst mit einem klaren Vertrauensvotum für Mubarak. Sein Versprechen, demokratische Reformen durchzusetzen, nahm sie für bare Münze. Das Weiße Haus setzte auf Kontinuität in Kairo.
Als die Proteste sich aber ausbreiteten und deutlich wurde, dass eine Wende unaufhaltsam sein würde, schlugen Clinton und Obama einen anderen Ton an: Sie forderten einen „geordneten Übergang“ zu einer demokratischen Regierung. Zu keinem Zeitpunkt aber übernahm Washington eine aktive Rolle, schien ausschließlich zu reagieren.
Erst in dieser Woche schritten der Präsident und sein sicherheitspolitisches Team zur Tat. Nachdem Mubarak entgegen den Erwartungen des Weißen Hauses und des Gemeimdienstes CIA am Donnerstag erneut den Rücktritt verweigerte, verstärkte die US-Regierung den Druck.
In der Nacht zu Freitag, so wird in Washington berichtet, wurden sowohl ein Ende der amerikanischen Finanzshilfe in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr als auch Wirtschaftssanktionen angedroht. Inwieweit dieser Druck den Ausschlag für den plötzlichen Rücktritt gaben, ist unklar. Das Weiße Haus will nun sicherstellen, dass weder eine Militärjunta noch islamische Extremisten an die Macht kommen.